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Film

Volle Kanne, Hoschis: „Bill & Ted retten das Universum“

Empfehlung Werbematerial (Ausschnitt) Warner Bros. Pictures Werbematerial (Ausschnitt)

Die späte Fortsetzung der Kultfilme von 1989 und 1991 überrascht durch musikalische Kohärenz und punktet durch erfreuliche Ambivalenz und einen emotionalen Nachhall.

Rezension

BT3 231 Jahre nach dem ersten und 29 Jahre nach dem zweiten Film kehren Bill S. Preston (Alex Winter) und Ted „Das Nashorn“ Logan (Keanu Reeves) zurück auf die Leinwand. Die Prophezeiung, dass die Musik der beiden Gründer der Wilden Hengste (Wyld Stallyns) die Menschheit einen wird, hat das Leben von Bill und Ted geprägt, denn die beiden haben sich der Erfüllung der Prophezeiung verschrieben. Nach einem Superhit mit ihrer Band sind sie allerdings in der musikalischen Bedeutungslosigkeit verschwunden und die Prophezeiung ist längst zu einer Bürde geworden.

Heute leben Bill und Ted gemeinsam mit ihren jeweiligen Ehepartnerinnen (Erinn Hayes und Jayma Mays) sowie den Töchtern Billie (Brigette Lundy-Paine) und Thea (Samara Weaving) Tür an Tür in einem Vorort. Die Beziehungssituation von Bill und Ted scheint das Niveau einer Freundschaft längst übertroffen zu haben. Beide sind mittlerweile Profimusiker, beherrschen unzählige Instrumente und haben im Grunde jede Form von Musik ausprobiert – egal wie randständig. Die Begeisterung für Musik ist den beiden dabei scheinbar abhandengekommen, denn alles, was sie tun, wirkt wie eine Bürde. Thea und Billie – die in Kleidung, Sprache und selbst in ihrer Art sich zu bewegen erschreckend stark an die Bill und Ted aus den Achtzigern erinnern – sind hingegen begeistert von Musik. Sie kennen scheinbar alles, egal wie absurd es auch ist. Die beiden Töchter sind die größten Unterstützer von Bill und Ted, die von den meisten Menschen nur noch belächelt oder als verschrobene Spinner wahrgenommen werden.

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Elisabeth und Joanna, die Ehefrauen von Bill und Ted, scheinen nicht vollständig glücklich mit dem  Leben zu sein, Da Bill und Ted ihnen bieten können. Bei der Paarberatung tauchen dann beide Ehepaare auf und die Therapiesitzung gerät zu einem ersten absurden Glanzmoment innerhalb des Films. Als dann Kelly (Kirsten Schaal) aus der Zukunft zurückkehrt – sie ist die Tochter von Bill und Teds Freund und Mentor Rufus (George Carlin) – um die beiden mit dem Ultimatum zu konfrontieren, an welchem Ort und zu welchem Zeitpunkt „Preston & Logan“ die Menschheit einen und damit die Zukunft retten werden, haben die beiden Künstler nicht einmal mehr zwei Stunden Zeit, um das Werk zu komponieren, der das bewerkstelligen soll.

In Bill & Ted 3 gibt es wieder Zeitreisen, phantastische Elemente wie die Hölle und diese besondere Form von Humor, wodurch die beiden vorherigen Filme sich ausgezeichnet haben. Vieles ist glatter als früher und die Produktion ist eindeutig höher budgetiert als die Vorgänger, aber am eigentlichen Konzept hat sich nicht viel verändert. Bill und Ted müssen die Welt retten, der Weg ist dabei wie üblich entscheidender als das Ziel. Dabei hilft ihnen die Zeitmaschine in diesem Teil weniger, denn die Kompositionsblockade der beiden Musiker dauert offenbar noch einige Jahre an. In einem zweiten Erzählstrang machen sich Billie und Thea auf, um eine Band für ihre Väter zusammenzustellen.

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Zeitgemäß und mit wesentlich mehr Ambivalenz ist Bill & Ted 3 übrigens auch der erste Vertreter der Reihe, der eine stark männliche Inszenierung verlässt. Das hier am Ende alles gut wird, ist sicher keine Überraschung. Der Weg dahin ist allerdings interessant gestaltet und mit absurder Komik gespickt. Etwas offensichtlicher als in den Vorgängern wird hier zudem Wert auf philosophische Thematiken gelegt. So stellt sich beispielsweise in einem Nebenplot die Frage, was Glück im Leben eigentlich bedeutet. Thea und Billie erleben partiell eine aktualisierte Form der Narration von Bill & Ted’s Verrückte Reise durch die Zeit. Hier wird offenbar, wie diese Geschichte hätte ablaufen können, wenn die Geschichte nicht eine männliche, sondern eine weibliche Sicht auf die Welt in den Mittelpunkt der Inszenierung gestellt hätte. Den Mut eines Autors, seine bestehende Filmreihe derart stark zu verändern, sollte man loben. Bedauerlicher Weise gibt es viele Kommentare im Internet zu finden, die genau das an Bill & Ted 3 kritisieren.

Der vermutlich letzte Teil der Serie ist ein exzellenter Abschluss für Bill & Ted. Wer hier nach Problemen im Gesamtwerk suchen möchte, wird diese schnell finden. Wer etwas kritisieren will, wird hier ebenfalls schnell fündig werden. Bill & Ted 3 ist im Subtext oftmals anders als die beiden Vorgänger. Genau aus diesem Grund zeigt Bill & Ted retten das Universum wie schrullig-nerdiges Feel-Good-Kino zeitgemäß im Jahr 2020 geht. Besonders in einer Zeit der Isolation, wie es momentan gerade der Fall ist, hat die Erfüllung der Prophezeiung in Bill & Ted 3 etwas Bewegendes, denn hierbei korreliert die gesamte Menschheit Ein gelungener Film, bei dem es bedauerlich ist, dass dieser nicht flächendeckend im Kino gestartet ist.

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Trailer: Bill & Ted retten das Universum

Infokasten

„Bill & Ted Retten das Universum“ (OT: „Bill & Ted Face the Music” AT: „Bill & Ted 3”)

Regie: Dean Parisot

Drehbuch: Chris Matheson und Ed Solomon

Produktion: Hammerstone Studios, Dugan Entertainment, Many Rivers Productions, Endeavor Content (Co-Produktion), Lakeview Entertainment, TinRes Entertainment, Dial 9

Verleih: Kinostar Filmverleih (Kino), Warner Home Video (BD und DVD)

Laufzeit: 91 Minuten (uncut)

Erstveröffentlichung: 28.08.2020 (USA)

Bahamas und USA | 2020

Veröffentlichung: Ab dem 03.12.2020 im Handel erhältlich auf DVD, Blu-ray-Disc und Video-on-Demand.

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Letzte Änderung amSonntag, 23 Mai 2021 20:58
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

It is said, that once a gentleman asked Madame du Deffand (1697 – 1784) if she believed in ghosts. ‘No,’ she replied, ‘but I am afraid of them.’

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