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Film

„Bedeviled“ – Der Monsterclown tötet durchs Telefon

DVD-Cover (Ausschnitt) DVD-Cover (Ausschnitt)

Im US-Slasher Bedeviled von Abel und Burlee Vang treibt die App Mr. Bedevil ihr böses Spiel mit allen, die sie installieren. Das hätte Kultpotenzial haben können.

Rezension

Auf dem Smartphone der jungen Alice Gorman (Saxon Sharbino) poppt plötzlich eine Installationsanfrage auf. Eine App namens Mr. Bedevil möchte auf das Gerät aufgespielt werden. Die Freundin allerdings, von deren Handy Alice die Einladung zur Installation erhalten hat, ist vor wenigen Tagen unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Schon tags darauf merkt die Teenagerin, dass alle ihre Freunde von der jüngst Verstorbenen eingeladen wurden. Und alle haben sie Mr. Bedevil das Okay gegeben, in ihr Smartphone einzudringen und damit in das Innerste, was sie zusammenhält. Die anfangs charmante künstliche Intelligenz der App, die ihre User erst mit Allwissenheit, dann schon mit ungewöhnlichen Zugriffen auf die reale Welt verblüfft, entwickelt bald ein diabolisches Vergnügen daran, die ihr anvertrauten Informationen gegen die Handybesitzer einzusetzen und sie mit ihren schlimmsten Ängsten zu konfrontieren.

Bedeviled 1Der Slasher Bedeviled – in der deutschen Fassung mit dem Untertitel Das Böse geht online veröffentlicht – erzählt mit geringem Tempo. Langsame Kamerafahrten und lange Einstellungen lassen die ästhetisch durchkomponierten Bilder für sich sprechen. Der Film nimmt sich die Zeit, die einerseitsBedeviled 3 sehr typischen Figuren vorstellen, die er anderseits aber auch in teils sehr untypische Dialoge verstrickt, die Raum geben für eine subversive Medienkritik. Über all dem schwebt ein Antagonist, der Kultpotenzial gehabt hätte, wäre er nicht wie letztlich das gesamte Figureninventar eher blass geblieben. Zu wenig wird die teuflische Motivation von Mr. Bedevil konturiert, der ähnlich wie der Joker aus dem Batman-Universum zunächst als böser Spaßmacher auftritt, sich dann aber als hasserfüllter Wahnsinniger entpuppt und bald mit einfachen, aber sehr stimmungsvollen Effekten als Monsterclown in Erscheinung tritt, ein bisschen wie aus Stephen Kings ES. Trotz dieser Parallelen, die erst einmal nicht nach Originalität klingen, hätte Mr. Bedevil wie etwa Samara aus den The-Ring-Filmen ein böser Fluch werden können, der bleibt. Statt aber den Smartphone-Flüsterer als einen individuellen Angstmacher zu charakterisieren, zerstreut der Film seinen Schrecken auf die generischen Ängste der Protagonisten, die Mr. Bedevil wachruft. Derart will der Film zu viel auf einmal und jagt in trashiger Inszenierung von Horrorclowns über asiatische Geisterfrauen hin zu einer Zombie-Oma, die zu unnatürlichen Verrenkungen neigt.

Bedeviled 2Dabei wäre die Grundidee einer künstlichen Intelligenz, die es in Gestalt einer App auf die Informationen ihrer User abgesehen hat, um ihnen damit das Leben erst schwer und dann zur Hölle zu machen, sehr ergiebig gewesen. Zweifellos wird hier nicht nur auf das Bestreben verschiedenster Apps referiert, mit Hilfe der Anwenderdaten nützlich sein zu wollen. Bedeviled 4Jenes Bestreben wird außerdem auch pervertiert, da dieselben kleinen Programme mit denselben Nutzerdaten auch anderen, nämlich Werbe- und sogar Überwachungszwecken dienen können. Wie sein Antagonist allerdings bleibt der Film der Vang-Geschwister, die mehr aus dieser Idee hätte machen müssen, in der Halbfertigkeit stecken. Denn spätestens ab der Hälfte der Handlung bricht die Plausibilität des Geschehens in sich zusammen und die Schreckensmomente reihen sich unmotiviert aneinander, was sowohl der Glaubwürdigkeit als auch dem Spannungsbogen abträglich ist, zumal ganz offensichtlich einige Handlungslöcher klaffen. Aber auch atmosphärisch kann sich die Bedrohung, die Mr. Bedevil darstellt, nicht weiterentwickeln und wird schnell vorhersehbar, anders als etwa das Böse in dem großartigen Filmdebüt Under the Shadow aus dem Iran, wo gleich zwei Bedrohungen – eine paranormale und eine weltliche – an Intensität immer weiter zunehmen.

Ein solcher Spannungsbogen ebenso wie starke Figuren und eine logisch fehlerfreie, weniger schematische Handlung fehlen Bedeviled, bei dem man gerade wegen der tollen Kameraarbeit, der Grundidee und Mr. Bedevil selbst über weite Teile nicht weiß, was man von dem Gezeigten halten soll – bis am Ende doch das Gefühl der Mittelmäßigkeit überwiegt.

Trailer zu Bedeviled – Das Böse geht online

Infokasten

„Bedeviled – Das Böse geht online

Abel Vang, Burlee Vang (Drehbuch/Regie)

USA 2016 / 91 Minuten Laufzeit

DVD-Start in Europa am 24.03.2017

Letzte Änderung amFreitag, 25 August 2017 05:50
André Vollmer

Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.

Unter anderem auch das . . .

„Unbestreitbar führt das Internet auch zu positiven Veränderungen. Das Negative besteht meiner Meinung nach darin, dass das Internet zu Oberflächlichkeit verleitet, zu spontanen Reaktionen, hinter denen kein langes Nachdenken steckt: Ich habe etwas gelesen, und sofort twittere ich dagegen oder darüber, und dann womöglich auch noch in falscher Grammatik.“

 

– Helmut Schmidt im Gespräch mit Giovanni di Lorenzo (2012) im Zeit Magazin Nr. 17 vom 19.04.2012, S. 57

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