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Film

Ein isländischer Thriller: „Der Eid“

Filmplakat (Ausschnitt) Alamode Film Filmplakat (Ausschnitt)

Baltasar Kormákur kehrt nach den Erfolgen in Hollywood zu seinen Wurzeln zurück und inszeniert einen düsteren Entführungsthriller. Was tut man für seine Familie?

Rezension

Diese Frage muss sich Finnur (Baltasar Kormákur) stellen, denn seine Tochter Anna (Hera Hilmar) ist in den Drogensumpf gerutscht. Ihr Partner Óttar (Gísli Örn Garðarsson) ist selbst Dealer, steckt tief drin im kriminellen Milieu. Nachdem Anna mit Unterleibsblutungen und vollkommen mit Drogen vollgepumpt ins Krankenhaus kommt, beschließt Finnur die Reißleine zu ziehen. Doch weder Gespräche noch Hilfe möchte die Tochter des Chirurgen annehmen. Zunehmend verzweifelt, weil er nicht mitansehen möchte, wie seine Tochter ihr Leben zerstört, greift Finnur zu immer härteren Maßnahmen. Nachdem er einen Drogendeal von Óttar beobachtet hat, bricht Finnur in dessen Wohnung ein und ruft dann die Polizei, weil er dort Drogen entdeckt. Óttar kann jedoch nichts nachgewiesen werden, also besucht er Finnur. Hier wendet sich das Blatt, denn Óttar macht deutlich, dass er nicht davor zurückschrecken wird Finnurs Familie zu verletzen, wenn er nicht in kürzester Zeit 6 Millionen von ihm erhält – als Ausgleich für die Drogen, die von der Polizei beschlagnahmt wurden.

 

Eid2Fortan wird Finnurs Leben ungemütlich. Bei ihm wird eingebrochen, alles wird zerstört. Die Sicherheit seiner Familie wird gefährdet. Als Óttar klar macht, dass er bereit wäre, Annas Schwester zu entführen, um sein Geld zu bekommen, und damit droht Finnurs Frau Solveig (Margrét Bjarnadóttir) zu vergewaltigen, beschließt Finnur, dass dieses „Spiel“ enden muss. Bald darauf findet sich Óttar an einen Heizkörper gekettet und unter Drogen gesetzt in einem abgelegenen Haus wieder. Finnur tritt nun als der Überlegene auf, der den jungen Mann foltert und quält. Doch sein Plan weist Lücken auf, die für den Familienvater zum Verhängnis werden könnten.

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Eid1Ruhig erzählt und mit Präzision inszeniert, ist Der Eid ein gelungener Thriller. Zwischen menschlichen Abgründen, Home Invasion und Entführung wird das Szenario mit jeder Minute mehr zu einem wirklichkeitsnahen Horrorszenario. Auf der einen Seite die drogensüchtige Tochter, die ihren Dealer liebt, auf der anderen Seite der liebende Vater, der seine Tochter beschützen möchte und dazwischen der abgewichste Kleinganove, der skrupellos ist und offenbar zu allem bereit. Das Ausgangsszenario verdeutlicht bereits, dass hier jemand verlieren muss, es bleibt allerdings bis zum Ende offen, wer dies sein wird.

Der Eid ist ein düsterer Thriller, der den Zuschauer einlädt, die Abgründe der menschlichen Seele zu erkunden. Wie ein liebender Familienvater zu einem skrupellosen Monster wird und welche Konsequenzen daraus erwachsen, macht Baltasar Kormákur in seinem Film sehr deutlich. Der isländische Film besitzt nur einen kleinen heimischen Markt und ist international wenig beachtet. Umso erfreulicher ist es, dass nun eine düstere Perle auch außerhalb des Ursprungslandes verfügbar ist.

Trailer Der Eid

Infokasten

„Der Eid“ (OT: „Eiðurinn”)

Regie: Baltasar Kormákur

Drehbuch: Ólafur Eglisson, Baltasar Kormákur

Produktion: RVK Studios

Laufzeit: 104 Minuten (Uncut)

Verleih: Alamode Film

Island 2016

Ab 23.06.2017 im Handel auf DVD und Blu-ray-Disc.

Letzte Änderung amDonnerstag, 07 November 2019 21:32
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

Dann, wenn es tagt, entweichen sie, jedes nach seiner Seite: Hexen, Kobolde, Visionen, phantastische Bilder. Nur gut, daß sich dieses Volk nur nachts und im Dunkel zeigt. Niemand konnte herausfinden, wo es sich tagsüber einschließt und verbirgt.

– Francisco de Goya über eine phantastische Radierung aus seiner Bilderreihe Los Caprichos.

(Dazu passt das 43. Blatt der Caprichos).

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