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Film

„Kingsglaive: Final Fantasy XV“ von Takeshi Nozue

Filmplakat (Ausschnitt) Filmplakat (Ausschnitt)

Phantastisches Popcorn-Kino mit sagenhafter CGI-Optik

Verschiedener könnten Lucis und Niflheim nicht sein: das eine Land ist ein magisches Königreich, das seit Urzeiten durch einen Kristall beschützt wird, das andere ein hochtechnisiertes Imperium mit futuristischem Kriegsgerät. Mit den kommenden Friedensverhandlungen zeichnet sich erstmals das Ende des immerwährenden Krieges zwischen den zwei Reichen ab. Doch der Ritter Nyx Ulric wittert einen Komplott, der, im Verborgenen geschmiedet, bis in die Reihen der Königsgarde von Lucis reichen könnte – bis hinein in die Kingsglaive, deren stolzes Mitglied Nyx ist.

Kingsglaive erzählt die Geschichte eines königstreuen Ritters, der in Zeiten des Umbruchs zum Helden wird, indem er die ihm aufgetragene Pflicht bis in den Untergang erfüllt – insofern ein sehr japanisches Thema. Was zugleich märchenhaft klingt und sich in exotischer Phantastik Ausdruck verleiht, in Magie, Monstern und Schlössern, wird noch durch die Science-Fiction der Maschinen aus Niflheim erweitert und schließlich durch vertraute Wirklichkeitspartikel wieder geerdet, durch polierte Luxuskarosserien à la James Bond, allgegenwärtigen Smartphones mit Bluetooth und einem sonst alltäglichen Stadtbild. Aber auch realitätsnahe Themen, wie Terrorismus und die Übermacht des Fortschritts, mischen sich in die Phantasie und färben sie düster.

3177 szd 01 hrIn vielerlei Hinsicht ist Kingsglaive bemerkenswert. Da ist zum einen der für Final Fantasy typisch gewordene Fotorealismus der Computeranimationen, der seinesgleichen sucht wie schon 2001, als das erste Leinwandabenteuer der Serie, Final Fantasy: The Sprits Within, in die Kinos 3177 szd 07 hrkam. Zum anderen ist trotz der überwältigenden Grafik und ihren unwiderlegbaren Schauwerten nicht auf eine tiefergehende Figurenzeichnung des Protagonisten verzichtet worden. Die übrigen Figuren deuten eine tiefere Charakterstruktur an, werden im Film allerdings in ihrer Darstellung auf das Nötigste und 3177 szd 15 hrbisweilen auch Stereotype beschränkt. Das Ganze ist in eine unterhaltsame, weil nicht allzu simple Handlung verpackt, die dennoch für Popcorn-Kino mit großen Gefühlen und viel Action taugt.

Spannend ist zudem die transmediale Erzähl- und letztlich auch Marketingstrategie, von der Kingsglaive ein Baustein ist. Über verschiedene Medien hinweg wird eine zusammenhängende Erzählwelt etabliert. So gibt es neben Kingsglaive, dessen Geschehen parallel zu den Ereignissen des dazugehörigen Videospiels Final Fantasy XV (FFXV) stattfindet, noch die fünfteilige Zeichentrickserie Brotherhood (veröffentlicht auf YouTube) sowie eine Videospieldemo, die einer eigenständigen, von der Haupthandlung des Spiels unabhängigen Geschichte nachgeht, und zwar zu einer Zeit, als der FFXV-Protagonist Noctis noch ein Kind ist. Hingegen Brotherhood setzt ein wenig später als Kingsglaive an und erzählt neben den ersten Abenteuern der vier Helden aus FFXV vornehmlich deren Hintergründe und Beziehung zueinander – eine gelungene Einstimmung auf das Videospiel, die eine Coming-of-Age-Geschichte mit mehr oder minder offenen Bezügen zur japanischen Gesellschaft nahelegt.

Der Fokus all dieser Medieninhalte ist auf den Erwerb von FFXV ausgerichtet. Erst das Videospiel gibt all den übrigen Erzählungen ihren Sinn, indem es sie fortführen und abschließen wird, mit anderen Worten: indem es das Versprechen einlöst, die Rezipienten in jenes phantastische Universum zu entführen, das ihnen schon jetzt, noch bevor sie FFXV spielen dürfen, fulminant und vielgestaltig vor Augen geführt wird. Die Ausnahme bildet hier zum Teil Kingsglaive, der zwar ebenfalls von dem Story-Kosmos lebt und den Zuschauer sowohl herausragenden Ereignissen beiwohnen lässt, die in FFXV noch wichtig sein werden, als auch erste Andeutungen auf das Schicksal von Noctis macht, das wiederum zentral für die Geschichte der Videospieldemo ist. Dennoch steht der Film gleichermaßen für sich. Das macht ihn ebenso für Zuschauer sehenswert, die mit der Spieleserie nicht vertraut sind. Darin unterscheidet sich Kingsglaive eindeutig von Advent Children, dem Vorgängerfilm der Serie, der als Fortsetzung des Videospiels Final Fantasy VII einige Vorkenntnisse verlangt, um der Story etwas abgewinnen zu können.

Am 30. September kommt Kingsglaive: Final Fantasy VX auf Blu-Ray und DVD in den deutschen Handel. Wir durften das Leinwandspektakel bei seiner Deutschlandpremiere auf dem Fantasy Filmfest Ende August im Kino erleben und können ihn daher jedem empfehlen, der sich für computergenerierte Welten mit viel Bombast, Intrige und Heldenmut begeistert, vor allem für solche, die phantastisch-berückend sind. Den Fans aber oder, wer einer werden möchte, legen wir ans Herz, die Erzählwelt von Final Fantasy XV chronologisch zu erschließen, also erst Kingsglaive, dann Brotherhood und schließlich FFXV zu rezipieren.

Trailer zu Kingsglaive: Final Fantasy XV

Links

Brotherhood: Final Fantasy XV - alle 5 Episoden

Kingsglaive: Final Fantasy XV - die ersten 12 Minuten (ganz offiziell auf YouTube)

Letzte Änderung amMittwoch, 06 Mai 2020 06:40
André Vollmer

Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.

Unter anderem auch das . . .

„Phantastik, auch Fantastik, ist ein literarischer Genrebegriff, der in Fachkreisen sehr unterschiedlich definiert wird. Außerwissenschaftlich bezeichnet der Begriff „fantastisch“ alles, was unglaublich, versponnen, wunderbar oder großartig ist. Der Ursprung des Begriffs „phantastische Literatur“ ist ein Übersetzungsfehler: E. T. A. Hoffmanns „Fantasiestücke in Callots Manier“ wurden 1814 als „Contes fantastiques“ ins Französische übersetzt, statt richtigerweise als „Contes de la fantaisie“.“

– Wikipedia

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