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Film

„Black Hollow Cage“ – Mystery-Thriller über Schuld, Verlust und Rache

Filmszene (Ausschnitt) Filmszene (Ausschnitt)

Dieser ruhig erzählte Thriller ist eine Mischung aus Mystery, Phantastik und Science-Fiction. Ein ästhetisch verrätselter Genuss des Geheimnisvoll-Bedrohlichen.

Rezension (leichte Spoiler)

„Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic.“

– Arthur C. Clarke

BHC 1Black Hollow Cage ist von der ersten Minute an mysteriös. Der Film kostet das Geheimnisvolle aus, erzählt sehr ruhig in langen Einstellungen und fokussiert die Emotionen der Figuren, zeigt deren Gesichter, die oft gar nicht viele Emotionen präsentieren – außer in den schrecklichen Ausnahmesituationen, in denen die Gefühle dann heftig hervortreten und durch eine enorme Schauspielleistung dargebracht werden. Die meiste Zeit wirkt der Film dadurch kühl und abweisend, aber ist gerade deswegen spannend. Nicht nur die Figuren mit ihren klaren  Bewegungen, die sie fast wie Androiden wirken lassen, das gesamte Szenario hat etwas Fremdartiges und Zukunftsweisendes, bis es dann schließlich in offene Science-Fiction kippt.

Ort des Geschehens ist ein architektonisch einmaliges Haus in einem Wald, bestehend aus mehreren rechteckigen Gebäudeteilen, die aufrecht stehen, mit großen Panorama-Fenstern, offenen Gängen, viel Raum sich zu bewegen und bestens geeignet, um einen Film darin zu drehen. Viel Glas, wenig Einrichtung, Wände wie aus dunklem Metall und klare Strukturen – das Haus selbst ist in seiner Gestaltung kalt und abweisend, aber beeindruckend und so offen gestaltet, dass man den Eindruck gewinnt, Innen- und Außenräume, Natur und Wohnung gehen ineinander über. Das erlaubt einerseits wundervolle Einstellungen, wenn die Kamera nachts an dem Haus vorüberfährt und in dem Halbdunkel der Innenräume die umherwandernden Silhouetten der Figuren zeigt. Andererseits beflügelt es die Paranoia, da diese Offenheit keine Verstecke erlaubt. Wer auch immer draußen im Wald ist, kann sehr genau beobachten, was im Haus geschieht. All dies ist essenziell für die Wirkung dieses Mystery-Thrillers, der eine langsame Home-Invasion-Geschichte erzählt: von Fremden, die sich als harmlos ausgeben, den Bewohnern aber womöglich Böses wollen.

BHC 2Schon, was die Geschichte dem Zuschauer von Beginn an die Hand gibt, ist entweder noch selten in unserer heutigen Welt oder Zukunftsschau. In dem besagten Haus lebt Adam (Julian Nicholson) mit seiner Tochter Alice (Lowena McDonell), die nach einem Vorfall in der Vergangenheit, bei dem auch die Mutter ums Leben kam, ihren Unterarm verloren hat. Black Hollow Cage zeigt dem Zuschauer in den ersten Szenen, wie Alice eine hochtechnisierte Prothese erhält, die sie direkt über Nervenimpulse steuern kann. Dann taucht auch noch eine weiße Hündin auf, die nicht nur mithilfe eines technischen Gerätes sprechen kann, sondern von Alice auch noch mit „Mom“ angesprochen wird. In diese ungewöhnliche Situation dringen eine Schwester und ihr Bruder ein (Haydée Lysander, Marc Puiggener), die Adam im Wald findet, die Schwester übel zugerichtet und hilfsbedürftig. Auch dass der kleine Bruder der Verletzten nicht spricht, sondern nur gestikuliert, ist ein weiteres Moment der Fremdartigkeit. Aber damit nicht genug: Bei einem Spaziergang mit ihrer sprechenden Hündin entdeckt Alice mitten im Wald einen mannshohen tiefschwarzen Würfel. Ab hier nimmt das Geheimnisvolle erst so richtig Fahrt auf und das Bedrohungspotenzial der geschilderten Situation steigt zunehmend.

BHC 3

Black Hollow Cage spielt auf allen Ebenen mit dem Geheimnisvollen: in der Gestaltung der Figuren und des Handlungsortes, durch lange Einstellungen, die den Fortschritt hinauszögern, aber auch ein sehr ästhetisches Erlebnis ermöglichen, und schließlich durch die Narration selbst, die im Wesentlichen linear verläuft, zu Beginn aber eine Vorausschau auf zukünftige Ereignisse gibt und auch hierdurch Spannung erzeugt. Derart weiß Black Hollow Cage mit einigen Wendungen zu überraschen. Eine ästhetisch verrätselte Sci-Fi-Geschichte über Schuld, Verlust und Rache, aber auch über die Beziehung zwischen Vater und Tochter, die damit leben müssen, dass Fehler in der Vergangenheit nicht wieder gut zu machen sind – oder doch?

Trailer Black Hollow Cage

Infokasten

„Black Hollow Cage“

Regie: Sadrac González

Drehbuch: Sadrac González

Laufzeit: 105 Minuten

Produzent: Javier Aguayo

Spanien 2017

Letzte Änderung amFreitag, 22 September 2017 10:39
André Vollmer

Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.

Unter anderem auch das . . .

„If Pac-Man had affected us as kids, we'd all be running around in dark rooms, munching pills and listening to repetitive electronic music.“

– Marcus Brigstocke

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