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Film

„Kill TV – Mord auf Sendung“: B-Movie-Horror meets Agatha Christie

Cover (Ausschnitt) Tiberius Film Cover (Ausschnitt)

Kill TV ist halb Trash, halb Spannungsfilm. Erotik, Splatter und Horrorklischees treffen auf eine gut inszenierte Bedrohung. Ein Partyfilm mit Kultpotenzial?

Kurzrezension

KildTV 2Normalerweise findet der Schrecken in den Horrorfilmchen statt, die in der Horror-Sendung des Lokalsender Channel 6 von dem exzentrischen Dr. Perseco (D.C. Douglas) live vor der Kulisse eines Horrorkabinetts anmoderiert werden, während er genüsslich an einem Kuhschädel sägt und tierische Augäpfel aus Knochenhöhlen pflückt – möglichst morbide und eklig ist das Motto dieser Horrorshow. Diese Nacht allerdings wird der Schrecken real: Ein Mörder geht in dem Sendestudio um, in das er sich und das Team von Channel 6 eingesperrt hat, um sich einen nach dem anderen vorzuknöpfen. Trotz allem: „The show must go on“, und so senden sie weiter, in der Hoffnung, dass ihnen die Zuschauer zur Hilfe kommen.

Nach einem schleppenden Auftakt, in dem man nicht so recht weiß, ob Kill TV – Mord auf Sendung (OT: Kild TV) bloß ulkiger Trash sein will, entwickelt die Handlung eine immense Spannung, die an Agatha Christie denken lässt, allerdings vermischt mit einer gehörigen Portion B-Movie und Belanglosigkeit. Dennoch: „Wer ist der Mörder?“ ist die zentrale Frage, während das Bedrohungspotenzial steigt. Interessant ist, dass immer wieder ein Zuschauerpärchen und deren Reaktionen auf das grausige Geschehen in der Live-Sendung gezeigt werden, der Film also eine Metaebene öffnet und darin eine Medienkritik formuliert, die allerdings so eindimensional wie die Darstellung des Publikums bleibt.

KildTV 3Kill TV ist einer dieser Filme, die sich in der Schwebe zwischen Trash und Ernsthaftigkeit befinden, einerseits ein Bedrohungsszenario glaubhaft darstellen, andererseits aber unnötig nackte Brüste und billige Splatter-Effekte zeigen. Vieles an dem Film spricht dafür, dass der Gestaltungsstil sich bewusst an trashigen Horrorfilmen orientiert: die Übertreibung, die unmotivierten Sexszenen, die splattrige Gewalt, die Horrorklischees und der gewollte Ekel. In Verbindung mit dem Humor und den eher stereotypen Figuren könnte das auch ironisch zu verstehen sein; jedenfalls, wer Trash, Drogenwitze, Sex und den überzeichneten Schrecken einer Horrorshow mag, die vor allem unterhalten will, wird hier auf seine Kosten kommen. Ein Teil der Wirkung könnte auch mit dem niedrigen Budget erklärt werden, das für diesen Film zur Verfügung stand.

KildTV 1Leider ist die deutsche Synchronisation mit nicht immer einwandfrei. Im Presse Screener fehlten Zeilen, die hätten gesprochen werden müssen. Zudem gelingt es den Sprechern nicht, die Nuancen von Figuren und Situation entsprechend zu betonen. Vor allem zu Beginn fiel dies negativ auf, da hier die Figuren vorgestellt werden, teils durch belanglose Dialoge, die wenn, dann durch die richtige Betonung zum Leben erwachen, also weniger inhaltlich als vielmehr durch die Charakterdarstellung der Schauspieler begeistern könnten.

Kill TV – Mord auf Sendung hat seine ganz eigene Qualität. Der Film ist eine sonderbare Mischung aus Trash, Splatter und Spannung – und vielleicht genau deshalb sehenswert. Klare Empfehlung für Horrorfans, die keinen durchweg ernsten und wirklichkeitsnahen Schrecken, sondern B-Movie-Horror möchten. In diesem Sektor hat Kill TV, der auch als Partyfilm gut funktionieren könnte, Kultpotenzial!

Trailer zu Kill TV – Mord auf Sendung

Infokasten

„Kill TV – Mord auf Sendung“ (OT: Kild TV)

Regie: William Collins

Drehbuch: Channing Whitaker

Laufzeit: 100 Minuten (ist der bei uns ungekürzt?)

Produzent: Eye Candy Films

Verleih: Tiberius Film

USA | 2016

Veröffentlichung 02.11.2017 (DVD/Blu-Ray/Digital)

Letzte Änderung amMittwoch, 13 Februar 2019 14:19
André Vollmer

Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.

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„Der Traum ist ein zweites Leben. Ich habe nie ohne zu schaudern durch die Elfenbein- oder Horntore dringen können, die uns von der unsichtbaren Welt scheiden. Die ersten Augenblicke des Schlafes sind das Bild des Todes. Eine nebelhafte Erstarrung ergreift unsern Gedanken, und wir können den genauen Augenblick nicht feststellen, wo das Ich in einer andern Form die Tätigkeit des Daseins fortsetzt. Ein ungewisses unterirdisches Gewölbe erhellt sich allmählich und aus dem Schatten der Nacht lösen sich in ernster Unbeweglichkeit die bleichen Figuren, welche den Vorhof der Ewigkeit bewohnen. Dann nimmt das Bild Form an, eine neue Helligkeit erleuchtet diese Erscheinungen in wunderlichem Spiel: - es öffnet sich uns die Welt der Geister.“

– Gérard de Nerval in „Aurelia oder Der Traum und das Leben“

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