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Film

„Die Farbe aus dem All“ von Richard Stanley

Empfehlung Filmstill (Ausschnitt) Dropout Cinema, Koch Media Filmstill (Ausschnitt)

Die Kurzgeschichte Color out of Space von H. P. Lovecraft gilt gemeinhin als nicht verfilmbar. Die Produzenten von Mandy und Regisseur Richard Stanley wagen es dennoch.

Rezension

DieFarbeAusDemAll6Nathan Gardner (Nicolas Cage) lebt mit seiner Familie abgelegen auf dem Land in der Nähe der Stadt Arkham. Gemeinsam mit seiner Frau Theresa (Joely Richardson) und den gemeinsamen Kindern Lavinia (Madeleine Arthur), Benny (Brendan Meyer) und dem kleinen Jack (Julian Hillard) führt Nathan ein ruhiges Leben in dem Landhaus, das einst seinem Vater gehörte. Auf den ersten Blick ist es eine normale Familie, mit starken Persönlichkeiten, was immer wieder zu kleinen Reibereien im Zusammenleben führt. Eines Nachts fällt ein Meteorit vom Himmel und schlägt dicht neben dem Brunnen der Gardners ein. Das Weltraumgestein leuchtet in einer unbekannten Farbe. Diese Farbe findet sich bald in allen Blüten der Pflanzen, in den Augen der Tiere und schimmernd im Wasser wieder. Der Meteorit hingegen hat sich aufgelöst.

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DieFarbeAusDemAll5Lavinia glaubt an die Macht des Übernatürlichen, führt zu Beginn des Films ein Wicca-Ritual durch, was dies verdeutlicht. Sie ist rebellisch und in ihrer Charakterzeichnung entspricht die Figur deutlich der neu entdeckten Emanzipation junger Frauen im zeitgenössischen Film. Der Horrorfilm insgesamt hat in seiner vielfältigen Geschichte oft starke weibliche Figuren etabliert, daher überrascht dies nicht zwingend. Lavinia wirkt zum Teil wie eine genervte Teenagerin und zum Teil wie ein Mensch, der von den Überlegungen zum Übernatürlichen fasziniert ist. Eigentlich erscheint sie jedoch einsam. Lavinia ist im Grunde die Hauptfigur des Films und nicht Nathan Gardner, der zwar eine wichtige Rolle einnimmt, aber nicht zwingend handlungsführend ist. Nathan züchtet Alpakas und verkauft deren Milch, er lebt einen Traum, der im Film immer wieder für humorige Momente sorgt.

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DieFarbeAusDemAll7Die Welt verändert sich auf dem Land der Gardners. Der kleine Jack ist fasziniert vom Brunnen und verbringt Stunden damit, diesen anzustarren. Die Zeit scheint nicht mehr synchron zum Rest der Welt zu laufen und in den Figuren etabliert sich zunehmend Wahn. Irgendetwas ist im Wasser und ergreift Besitz von den Pflanzen, Tieren und Menschen. Zunehmend steigern sich die Schrecken, mit denen Lavinia und ihr Bruder Benny – die beide nicht sofort beeinflusst zu werden scheinen – sich konfrontiert sehen.

Zwei Aspekte an Die Farbe aus dem All sind besonders exzellent. Erstens ist es die visuelle Gestaltung. Mit vielen deftigen Horrormomenten wird die ästhetisierte filmische Wirklichkeit gespickt, deren Grausamkeit im Verlauf des Films deutlich zunimmt. Zweitens ist es Nicolas Cages Schauspiel, während die Figur Nathan Gardner zunehmend wahnsinnig zu werden scheint. Cage liefert hier eine seiner besten, wenn nicht sogar die beste Performanz seiner Karriere. Dabei liefert er alles, was man an ihm lieben oder hassen kann: rohes authentisches Spiel, theatrale Charaktergestaltung und eineunglaubliche Präsenz vor der Kamera. Nicolas Cage ist die perfekte Besetzung für die Rolle des Nathan Gardner.

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Regisseur Richard Stanley fügt seinem Portfolio einen weiteren Film hinzu, der Kultpotenzial besitzt. Es gelingt ihm nicht nur, die Kurzgeschichte von H. P. Lovecraft zu verfilmen, darüber hinaus schafft er eine zeitgenössische Interpretation des Stoffes und macht dabei im Grunde alles richtig. In manchen Momenten ist Die Farbe aus dem All überraschend blutig. Diese Adaption des Stoffes erweitert die angedeuteten Schrecken in Lovecrafts Kurzgeschichte um eine satte Dosis Bodyhorror. Dabei bleibt das Werk aber konsequent der Linie von kosmischem Horror treu und wird damit sowohl seiner Vorlage gerecht als auch einem modernen Verständnis von kosmischen Horror, so wie es beispielsweise Alan Moore in Neonomicon und Providence verwendet oder auch dem Film The Void von Jeremy Gillespie und Steven Kostanski zu Grunde liegt.

Die Farbe aus dem All ist ein exzellenter kosmischer Horrorfilm. In dieser Adaption löst man sich von der Vorlage auf inszenatorischer Ebene, die Geschichte aber orientiert sich am Original. Mehr von jenen Schrecken werden gezeigt, die bei Lovecraft nur angedeutet werden. Die Figuren sind gelungen, schauspielerisch liefern vor allem Madeleine Arthur und Nicolas Cage exzellente Performanzen. Ein Film wie dieser gehört auf die große Leinwand. Bevor der Film Ende des Monats fürs Heimkino erscheint, bekommt die Farbe aus dem All einen limitierten Kinostart in einigen Programmkinos. Schade, denn dieser Film besitzt die Qualität für einen regulären Kinostart.

Trailer zu Die Farbe aus dem All

Infokasten

„Die Farbe aus dem All“ (OT: „Color from outer Space“)

Regie: Richard Stanley

Drehbuch: Scarlett Amaris, Richard Stanley, H. P. Lovecraft (Kurzgeschichte)

Produktion: SpectreVision, ACE Pictures Entertainment, BRO Cinema, XYZ Films

Verleih: Dropout Cinema (Kino), Koch Media (DVD, Blu-ray, UHD-Blu-ray)

Laufzeit: 111 Minuten (uncut)

Malaysia, Portugal, USA | 2019

Veröffentlichung: Limitierter Kinostart am 06.03.2020. Ab dem 26.03.2020 im Handel erhältlich.

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Letzte Änderung amSonntag, 04 April 2021 17:38
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

„Fantasy is escapist, and that is its glory. If a soldier is imprisioned by the enemy, don't we consider it his duty to escape? If we value the freedom of mind and soul, if we're partisans of liberty, then it's our plain duty to escape, and to take as many people with us as we can!“

― J. R. R. Tolkien

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