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Film

„The House at the End of Time“: Haunted Mansion mal anders

Filmszene (Ausschnitt) Filmszene (Ausschnitt)

Eine Frau wird wegen Doppelmord verurteilt. Im Alter kommt sie frei, aber erhält Hausarrest in der verlassenen Villa ihrer Familie, wo es noch immer spukt.

Rezension

House at the End of Time11Als ergraute Frau kehrt Dulce (Ruddy Rodríguez) in das Anwesen ihrer Familie zurück, nach drei Jahrzehnten der Haft für ein Verbrechen, dass sie nicht begangen haben will. Noch jetzt steht sie unter Arrest und darf das Haus nicht verlassen. Die Fenster sind vergittert und draußen vor dem Tor stehen Polizisten Wache. Verurteilt wurde Dulce wegen des Mordes an Ehemann und Sohn. Doch vor Gericht stritt sie alles ab, sagte, es seien Eindringlinge in ihrem Haus gewesen. Die Polizei hatte nichts finden können. Natürlich nicht, denn die gespenstischen Heimsuchungen hinterließen keine Spuren. Eingesperrt am Ort des Verbrechens wird Dulce ergründen müssen, wer oder was für die Tragödie verantwortlich ist, die ihr Leben veränderte. Noch immer liegt ein Mysterium in dem Haus begraben.

The House at the End of Time geht in medias res und schildert zunächst die Nacht, in der sich der vorgebliche Mord ereignete, ohne deutlich zu machen, was sich genau zugetragen hat. Was darauf folgt, ist eine Erzählung auf zwei Zeitebenen. Zum einen zeigt der Film die Ereignisse, die zur tragischen Eröffnungsszene führen, zum anderen folgt die Handlung der gealterten Dulce, die sich wie vor 30 Jahren den Heimsuchungen ausgesetzt sieht. Schon damals, wie der Zuschauer nun erfährt, ging in dem Haus etwas nicht mit rechten Dingen zu. Derart stellt sich schnell die schaurige Atmosphäre eines Haunted-Mansion-Films mit den typischen Schockmotiven wie Klinkenklappern und Türpoltern ein.

House at the End of Time8Parallel zu den übernatürlichen Ereignissen entfalten sich weltliche Themen wie Geldsorgen, Bruderzwiste und häusliche Gewalt. Sie geben dem Leben von Dulces Familie nicht nur Farbe und Dramatik, sondern sind zudem eng verzahnt mit der Auflösung des Mysteriums, das die alte Villa umrankt. Genau hier punktet The House at the End of Time. Lange Zeit war für mich nicht vorherzusehen, was genau in dem heimgesuchten Haus vor sich geht. Nachdem mich eine erste Ahnung Mitte des Films ereilte, überraschte mich das Ende schließlich doch. Dabei deutet schon die Erzählweise des Films viel an. Dass sich die Geschichte auf zwei Zeitebenen zuträgt, die ohne lange Übergänge dicht aneinandergeschnitten sind, als trennte sie kein Zeitraum von drei Jahrzehnten, sondern lediglich eine örtliche Distanz von ein paar Kilometern, bewirkt eine stringent parallele Erzählweise, die den Zeitunterschied in den Hintergrund drängt und auf formaler Ebene das famose Finale unterstützt. Der über den Film etablierte Haunted-Mansion-Horror wird zuletzt sehr unerwartet aufgelöst, weil es zuvörderst die Protagonisten sind, die das Unheil heraufbeschwören, und nicht das Übernatürliche.

House at the End of Time10Regisseur und Drehbuchautor Alejandro Hidalgo hält die Waage zwischen der Schilderung familiärer Probleme und dem Fantastisch-Unheimlichen, sodass der Film weder in ein Drama noch in einen typischen Vertreter des Haunted-Mansion-Genres wie etwa Don’t be afraid of the Dark umschwenkt und derart eine gute Mischung liefert. Vermutlich wegen dieser Andersartigkeit schaffte es Hidalgos Film auf das Fantasy Filmfest 2014. Zu Recht! Eine klare Empfehlung an diejenigen, die ein althergebrachtes Genre gern einmal in einer gelungenen Variation erleben wollen.

 

Trailer zu The House at the End of Time

Letzte Änderung amSonntag, 28 Juni 2020 07:36
André Vollmer

Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.

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Because we don't know when we will die, we get to think of life as an inexhaustible well. Yet everything happens only a certain number of times, and a very small number really. How many more times will you remember a certain afternoon of your childhood, some afternoon that is so deeply a part of your being that you can't even conceive of your life without it? Perhaps four or five times more, perhaps not even that. How many more times will you watch the full moon rise? Perhaps twenty. And yet it all seems limitless.

– Paul Bowles, Autor von The Sheltering Sky

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