Wenn deine tiefsten Geheimnisse gegen dich verwendet werden: „Chatroom“
- geschrieben von Thomas Heuer
- Publiziert in Film
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Vertrauen kann in der digitalen Welt schwerwiegende Konsequenzen haben. Das nutzt William, um seine „Freunde“ in die Fänge eines perfiden Plans zu treiben.
Jim (Matthew Beard), Emily (Hannah Murray), Mo (Daniel Kaluuya) und Eva (Imogen Poots) betreten einen öffentlichen Chatroom im Internet mit dem Titel „Chelsea Teens!“. Dieser wurde von William (Aaron Tyler-Johnson) geschaffen, mit niederen Absichten. Die Gruppe junger Leute wird von Williams Coolness und Ansichten zum Leben fasziniert. Schnell beschließen die fünf handlungsführenden Figuren Freunde zu werden. Doch was den vier Gästen weitgehend ernst ist, wird von William genutzt, um Kontrolle über die anderen zu erhalten. Es reicht ihm allerdings nicht, nur das Leben seiner „Freunde“ zu beeinflussen, er will den depressiven Jim sogar in den Selbstmord treiben.
Das Szenario ist perfide und das Motiv von William wird tiefgreifend reflektiert, das Monster, das er ist, manifestiert sich in einer Persönlichkeitsstörung. William selbst ist in Therapie und leidet unter seinem familiären Umfeld. Dabei nimmt sich der Film viel Zeit, den Täter zu charakterisieren. Chatroom gelingt ein eindrucksvoller Spagat in der Inszenierung zweier Wirklichkeiten. Zum einen ist es die digitale Umgebung, die als ein Flur mit unzähligen Türen dargestellt und mit intensiven Farben positiv besetzt wird. Zum anderen ist es die nicht-digitale Realität, die im Gegenteil zur Online-Welt in tristen Farben gezeigt wird. Die Figuren kommen in der tatsächlichen Wirklichkeit alle nicht ganz so gut zurecht, wie sie es sich wünschten, besitzen mal starke, mal schwache Persönlichkeiten und bilden so eine starke gesellschaftliche Ambivalenz ab. Auf Chatroom müssen Rezipierende sich zweifellos einlassen, aber tut man dies, wird der Film einen mit einem intensiven Psychothrill belohnen.
Gekonnt inszeniert Hideo Nakata (Ring, The Complex) das Theaterstück von Enda Walch als nervenzehrenden Horrorfilm. Diese psychologische Schreckensreise manifestiert das Böse in den Menschen und verdeutlicht, wie schnell die Seele durch Technik und die Einflüsse anderer beeinträchtigt werden kann. Immer wieder manifestiert sich der Schrecken auch körperlich, wenn William seine Opfer in den Freitod begleitet und somit irreversibel auf Menschen eingewirkt hat. Aufgrund dieses Themas und der Umsetzung ist Chatroom ein Teil in unserer Beitragsreihe „Körper – Seele – Technik“.
Trailer zu Chatroom
Bei "Netzkino" gibt es Chatroom komplett online
Infokasten
„Chatroom“
Regie: Hideo Nakata
Drehbuch: Enda Walsh
Laufzeit: 97 Minuten
Produzent: Ruby Films
Verleih: Universum Film
UK | 2010
Auf DVD und Blu-ray im Handel erhältlich.
- Identität
- Identitätsfindung
- Freitod
- suizidale Tendenzen
- psychologischer Horror
- Kontrolle
- Körper Seele Technik
- heftig
- Außenseiter
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Thomas Heuer
Dr. phil. Medienwissenschaft
Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer
Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie
Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik