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Film

Welten kollidieren: „Assassin’s Creed“

Filmplakat (Ausschnitt) Regancy Entertainment Filmplakat (Ausschnitt)

Die spannende Videospielverfilmung stellt den Teil der Spielnarration in den Fokus, die Spielende oft kritisieren.

Wer mit Assassin’s Creed vertraut ist, weiß: Nicht nur die fulminanten historischen Spielwelten und Kultfiguren wie Ezio Auditore oder Altaїr gehören zu Assassin‘s Creed, sondern auch die Geschichte hinter den, an die Matrix erinnernden, Abschnitten des Animus. Der Animus ist eine Maschine, die Benutzern die Möglichkeit bietet, mit den Erinnerungen ihrer genetischen Vorfahren zu verschmelzen und diese zu durchleben. Die Spielfigur selbst ist lediglich das Abbild einer Erinnerung aus der DNS eines aktuell lebenden Nachfahren. Die Steuerung von eben diesen Nachfahren übernehmen die Spielenden in den meisten Teilen der Serie. Was im ersten Spiel noch recht viel Raum einnimmt, wurde spätestens nach dem Ende der Erzählung um Desmond (Asassin’s Creed 1 bis 3) auf ein Minimum reduziert. Die Handlungsabschnitte bei „Abstergo“ wurden von vielen Spielenden als störend empfunden; als eine Störung des eigentlichen Spielflusses, um genau zu sein. In der Verfilmung konzentriert sich das Drehbuch auf die Geschichte außerhalb des Animus und in der Folge auf den Konflikt zwischen Templern und Assassinen in unserer Zeit. Das stieß vielen sauer auf. Besonders von Kritikern wurde Justin Kurzels Film zerrissen. Als filmische Erweiterung der Storyworld ist dieser Ansatz jedoch sehr interessant.

AC 3Cal Lynch (Michael Fassbender) muss als Kind (Angus Brown) miterleben, wie seine Mutter (Essie Davis) von seinem Vater (Brendan Gleeson) ermordet wird. Kurze Zeit später taucht eine Spezialeinheit auf, die den in eine Kutte gehüllten Vater abtransportiert. Cal flieht vom Tatort. Zeitsprung. Cal erhält von einem Priester die AC 1Todessakramente, denn er wird kurz danach wegen Mordes hingerichtet. Kurz vor seinem Tod bemerkt er im Publikum der Hinrichtung die attraktive Sofia Rikkin (Marion Cotillard). Nach seinem Tod weckt eben diese Frau Cal aus dem ewigen Schlaf. Er findet sich bei „Abstergo“ in Madrid wieder, einer Einrichtung, die sich dem Wohl der Gesellschaft verschrieben hat. Dass diese den Templern unterstellt ist und von Sofias Vater (Jeremy Irons) geleitet wird, verschweigt die junge Wissenschaftlerin vorerst. „Abstergo“ geht es ausschließlich um die Erinnerungen in Cals DNS, das wird schnell deutlich. Als dieser in den Animus gebracht wird und gegen seinen Willen die Erinnerungen seines Vorfahren Aguilar (Michael Fassbender) in der Zeit der spanischen Inquisition erleben muss, kollabiert Cal zunächst. Angetrieben von seinem Hass auf den eigenen Vater und der Hoffnung, die Gewalt endlich kontrollieren zu können, willigt Cal ein, die Erinnerungen von Aguilar soweit zu durchleben, bis Rikkin erfährt, wo sich der Edensplitter (Apple of Eden) verbirgt, der den Schlüssel zur Unterwerfung des freien Willens beherbergen soll.

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Die Komplexität der Erzählwelt wird in einer kurzen Texttafel zu Beginn des Films auf den Konflikt zwischen Assassinen und Templern heruntergebrochen. Zuschauer, die den Film ohne Kenntnis der Videospiele ansehen, werden enttäuscht sein, weil die Narration nicht komplett logisch und nachvollziehbar erscheint. Hierzu zählen zweifellos die meisten Filmrezensenten. Gamer, die den Film ansehen, werden enttäuscht sein, weil der zentrale Aspekt der Spiele nicht im Zentrum des Films steht. Hierzu gehören zweifellos die meisten Gamesredakteure, die den Film rezensiert haben. Lediglich eine kleine Schnittmenge von Menschen ist bereit, den Film als etwas Eigenständiges innerhalb des Assassin’s-Creed-Kosmos zu erkennen und bringt zudem die notwendige Kenntnis der Videospiele mit. Ist dem so, funktioniert der hochkarätig besetzte Film. Aber eben nur dann, folglich ist das Werk marktwirtschaftlich zum Scheitern verurteilt. Justin Kurzel hat bereits in anderen Filmen eine sehr figurenzentrische Erzählperspektive angelegt (Snowtown) und dadurch die Intensität des Stoffes gelenkt. Das gelingt auch bei Assassin’s Creed, aber eben nur dann, wenn man das nötige Vorwissen und die notwendige Offenheit für den Film mitbringt.

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AC 2Die 3D-Fassung des Werkes nutzt die Stereoskopie als ästhetische Erweiterung des Werkes und liefert dadurch einen tatsächlichen Mehrwehrt. Auditive und visuelle Gestaltung sind sehr gelungen, besonders die Abschnitte im Animus vermitteln das Gefühl der Assassin‘s-Creed-Spiele. Zweifellos ist der Film nicht überragend gut, aber eben auch nicht schlecht. Zu komplex für einen Unterhaltungsfilm, aber zu plump für einen philosophischen Ansatz, so ist der Film nicht Hollywood-Blockbuster und nicht Tipple-A-Videospiel. Die Ambivalenz des Spannungsfeldes ermöglicht etwas Neues, auf das man sich bewusst einlassen muss.

Trotz der schlechten Kritiken ist Assassin’s Creed ein guter Film, der mit einer grandiosen Optik, sowohl in Ausstattung, Spezialeffekten und Stereo 3D, punktet. Narrativ setzt der Film eine tiefere Auseinandersetzung mit der Erzählwelt voraus, aber für Fans der Spiele ist es notwendig, sich auf eine andere Perspektive der Erzählwelt einzulassen.

 Trailer Assassin’s Creed 3D

Infokasten

„Assassin’s Creed“

Regie: Jusin Kurzel

Drehbuch: Michael Lesslie, Adam Cooper

Produzent: Regency Enterprises, Ubisoft

Laufzeit: 115 Minuten

Verleih: 20th Century Fox

UK | Frankreich | Malta | Taiwan | Kanada | Hong Kong | USA 2016

Ab 12.05.2017 im Handel auf DVD, Blu-ray-Disc, 3D-Blu-ray und Video on Demand.

Letzte Änderung amFreitag, 18 August 2017 23:04
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

„Better to write for yourself and have no public, than to write for a public and have no self.“

– Cyril Connolly

 

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