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Film

4. Schocktober: Horror for Future #1: „Die Frösche“ (1972)

Empfehlung Filmstill (Ausschnitt) MGM, NSM Records Filmstill (Ausschnitt)

Kapitalismuskritik und Appell zum Naturschutz: Der US-Horrorfilm Die Frösche ist ein unterschätztes Werk. Fast 50 Jahre nach der Veröffentlichung ist der Film noch immer aktuell.

Mediengruft, Einordnung und Kommentar

Frogs 7Ein Journalist (Sam Elliott) rudert mit seinem Kajak durch ein sumpfiges Gebiet und macht dabei Fotografien von den Tieren, die dort leben. Nach kurzer Zeit wechselt er das Motiv, begründet in dem was er in der Natur vorfindet. Fortan hält er fest, welche Schäden die Menschen der Natur zugefügt haben. Die Motive sind eindeutig: Müll, der im Wasser schwimmt, Abwasser und Dreck, die ungefiltert in das Gewässer eingeleitet werden und tote Tiere. In der Summe zeigen die Aufnahmen ein deutliches Bild der menschlichen Umweltverschmutzung und Rücksichtslosigkeit. Anschließend rudert Pickett Smith, so lautet der Name des Journalisten, zurück auf den See. Dort wird er von Clint Crockett (Adam Roarke) und seiner Schwester Karen (Joan Van Ark) gerammt, die in einem motorisierten Schnellboot unterwegs sind.

In dieser Szene kollidieren sprichwörtlich Welten. Pickett ist ein umweltbewusster Journalist, der fordert, dass der Mensch im Einklang mit der Natur existieren soll. Clint ist ein Profisportler mit wenig Weitsicht und einem Alkoholproblem, der aber von der reichen Industriellenfamilie der Crocketts abstammt. Hier kollidieren somit nicht nur zwei unterschiedliche Formen von Booten, sondern auch zwei vollkommen gegensätzliche Perspektiven auf das Leben. Zur Wiedergutmachung lädt Karen den durchnässten Pickett ein, an den Familienfeierlichkeiten zu Ehren des Familienoberhauptes Jason Crockett (Ray Milland) teilzunehmen. Aus dem Gespräch wird deutlich, dass es sich um den Vortag des Independence Days handelt, an dem Jason Crockett Geburtstag hat. Nach etwas Bedenkzeit willigt Pickett ein, schließlich muss er ohnehin irgendwie wieder von der Insel weg und aus der nassen Kleidung heraus. Das Mienenspiel von Karen und Pickett deutet an, dass die beiden sich mindestens interessant finden.

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Frogs 9Familienoberhaupt Jason Crockett ist überhaupt nicht begeistert von der Anwesenheit des herumschnüffelnden Journalisten. Da alle aus der Familie ihrem reichen Familienoberhaupt hörig sind, kommt der Mann auch mit allem durch. Die Familie der Crocketts ist ein sehr hierarchisches Konstrukt. Über allem steht Jason, der durch eine Krankheit auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Er ist ein kaltherziger Kapitalist, für den die Natur nichts als ein Hindernis auf dem Weg zu noch mehr Geld ist oder eine Störung der gewünschten Ordnung auf seiner Ferieninsel darstellt. Beides wird in Dialogen innerhalb des Films deutlich. Einmal spricht er davon, dass die Scharen von Fröschen mit ihrem Gequake die Ruhe auf der Insel stören und er daher jemanden beauftragt habe, die Tiere mit Gift zu bekämpfen. In einem Gespräch mit der Familie regt sich seine älteste Tochter Iris Martindale (Holly Irving) darüber auf, dass nun Filtersysteme in ihrem Produktionsbetrieb verwendet werden müssen, was diverse Millionen kostet und folglich die Gewinne reduziert. In dieser Art und Weise werden die Crocketts zum Gesicht eines gnadenlosen Kapitalismus, der sich nicht für die Umwelt interessiert.

Frogs 4An diesem Tag steht die Natur allerdings auf und erhebt sich gegen den Menschen. Unzählige Frösche sammeln sich um das Haus der Crocketts herum. Mit ihrem Quaken scheinen diese zu kommunizieren und auch andere Tiere dazu zubringen Jagd auf die Menschen zu machen. Tatsächlich töten die Frösche selbst in dem Film nicht. Dennoch sind diese – so wie die Froschplage als Strafe Gottes in der Bibel – ein Sinnbild für die Sünden des Menschen gegenüber der Natur. Schlangen, Echsen, Kaimane, Spinnen und Vögel beginnen damit Jagd auf die Menschen zu machen, beziehungsweise stellen diesen gezielt Fallen, um ihre Beute dann gezielt zu eliminieren. Dabei sollen die Menschen möglichst lange leiden, für das, was sie der Natur angetan haben; so wirkt es zumindest in Die Frösche. Deutlich wird hier, dass die Welt ohne die Menschen leben kann. Umgekehrt erscheint dies jedoch nicht möglich.

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Frogs 1Oftmals ist Die Frösche wenig subtil in seiner Inszenierung. Durch die Arbeit mit echten Tieren und echtem Filmmaterial entstehen einige Anschlussfehler im Schnitt, woran sich viele Rezipierende und Kritiker gestört haben. Der Film ist aus einer Zeit bevor es Computeranimationen und digitale Nachbearbeitung von Filmen gab. Dieser rein technische Umstand reduziert weder die Botschaft noch die vermittelten Schrecken von Die Frösche. Der Film fasst sein Publikum in einer Art an, die deutlich macht, dass es mit der Umweltverschmutzung so nicht weiter gehen kann. Heute ist Klimawandel eines der wichtigsten Themen. Vor fast 50 Jahren hat dieser Film im Grunde bereits das kritisiert, wofür heute am Freitag die Menschen auf die Straßen gehen. Wenn wir die Welt soweit verändern, dass wir selbst hier nicht mehr leben können, dann sind wir die wohl dümmste Spezies im Universum, oder zumindest nicht das intelligenteste Leben auf diesem Planeten. Vielleicht sind wir Menschen auch einfach zu faul geworden und leben lieber weiter in einer Welt, in der nur noch zählt wie viel Geld man hat und was für eine Arbeit man bekommt. Eine Welt, die alles an der wirtschaftlichen Perspektive festmacht, andernfalls würde keine Kohle mehr abgebaut werden und Unternehmen für Windkraft oder Solarenergie nicht Insolvenz anmelden. Aber solange es einem selbst hier vor Ort gut geht, was interessieren einen dann die abgeholzten Urwälder, die Kinder in den Minenschächten, die seltene Erden schürfen, damit man jedes Jahr ein neues Smartphone kaufen kann oder auch die Überfischung der Meere?

Die Frösche stellt die Frage, was passiert, wenn die Natur gegen uns zurückschlägt. Selbst Schlingpflanzen agieren hier gezielt gegen die Menschen. Das mag passagenweise etwas trashig anmuten, aber die Spezialeffekte in dem Film überzeugen schon auf ihre ganz eigene Art. Dieser Film ist ein klares politisches Statement, nicht nur für die Natur, auch für Kunst und Gleichheit unter Menschen. Diese Aspekte des Werkes spart dieser Text aus, sie sind aber dennoch im Film vorhanden, allerdings subtiler als die Kritik am Kapitalismus. In diesem Film macht es einem Angst, wie die Natur zurückschlägt. Anderseits verdeutlicht Die Frösche eindrucksvoll, wie politisch und gesellschaftskritisch Horror sein kann.

Trailer zu Die Frösche

Infokasten

„Die Frösche“ (OT: „Frogs“)

Regie: George McCowan

Drehbuch: Robert Hutchison, Robert Blees

Produktion: American International Pictures (AIP), Peter Thomas Productions

Verlag: NSM Records (Blu-ray), Sony Pictures Home Entertainment (DVD), MGM Home Entertainment

Laufzeit: 91 Minuten (uncut)

USA | 1972

Veröffentlichung: Der Film ist im Handel auf DVD und Blu-ray-Disc erhältlich.

Bildrechte: Die Bilder dieses Artikels sind Ausschnitte aus dem besprochenen Medieninhalt. Deren Rechteinhaber können Sie dieser Infobox entnehmen.

Letzte Änderung amMontag, 23 August 2021 08:19
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

"Games introduced us to a symbiotic relationship with machines that we took for granted."

(aus Gordon Calleja (2011) In-Game, S.2)

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