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Brett- & Kartenspiele

„Resident Evil 2: The Board Game“ – Survival-Horror-Brettspiel

Empfehlung Spielaufbau einer Partie Resident Evil 2: The Board Game mellowdramatix Spielaufbau einer Partie Resident Evil 2: The Board Game

Die Brettspieladaption des Videospielklassikers Resident Evil 2 bietet erstmals die Möglichkeit sich den Schrecken von Raccoon City kooperativ entgegenzustellen.

Rezension und Spielbericht

RE2 BG LickerIn der Tabletop-Branche sind Steamforged Games (SFG) ein etablierter Spielhersteller, bekannt für Guild Ball. Mittlerweile haben die Briten nicht nur ein weiteres Tabletop-Strategiespiel (Godtear) am Start, sondern auch einige Brettspieladaptionen zu populären Videospielen angefertigt (Horizon Zero Dawn sowie Brett- und Kartenspiel zu Dark Souls). Im vergangenen Jahr wurde dann ein weiterer populärer Titel angekündigt: Resident Evil 2. Erstmalig erschien die Fortsetzung zu Resident Evil, das Survival-Horror-Videospiele bis heute mit definiert, im Jahr 1998 auf der Playstation. Capcom lieferte ein intensives, herausforderndes Videospiel, das in Komplexität, erzählerischer sowie inszenatorischer Qualität und im Spieldesign den Vorgänger gar übertrumpfte. Wie so häufig bei Videospielen ist der zweite Teil der gelungenste oder zumindest einer der gelungensten der Serie. Dieses Phänomen findet sich sowohl bei den Survival-Horror-Veteranen Resident Evil 2 und Silent Hill 2, als auch bei weniger bekannten Spielen wie Clock Tower 2, Parasite Eve 2 oder in neueren Reihen wie im Fall von The Evil Within 2. In diesem Zusammenhang verwundert es wenig, dass somit nicht das erste Resident Evil als Vorlage für ein Brettspiel verwendet wird, sondern der zweite Teil.

Ein Überblick zu Resident Evil 2: The Board Game

RE2 BG ZombieDas Spiel erscheint am 25.01.2019 im Handel. Zunächst wird es lediglich eine englischsprachige Version des Spiels geben. Der Preis im Onlineshop des Herstellers liegt bei 100 Euro. Enthalten sind insgesamt 24 Miniaturen (1 Birkin Stage 3, 1 G-Mutant, 4 Zombie Dogs, 2 Licker und 12 Zombies sowie 4 Charaktere: Leon S. Kennedy, Claire Redfield, Ada Wong und Robert Kendo). Die Miniaturen sind qualitativ sehr hochwertig produziert, was besonders durch die vielen Details deutlich wird. Gussgrate, Verschmutzungen oder andere störende Elemente, die bei der Produktion entstehen können, sind nicht vorhanden. Alle Figuren sind aus Kunststoff. Dieser ist relativ hart, verfügt allerdings über eine gewisse Biegsamkeit, sodass die filigranen Figuren bei normalem Umgang keine Beschädigungen erleiden dürften. Erwähnenswert ist auch, dass die Figuren einen kleineren Maßstab als Miniaturen in anderen Brettspielen besitzen, wie beispielsweise Zombicide oder Starquest. Zur Verpackung gehört ein Kunststoffeinleger, in dem für jede Figur eine Vertiefung vorgesehen ist, sodass alle Figuren sicher und auch stoßfest transportiert werden können. In dieser Hinsicht ist das Spiel sehr gelungen und gut durchdacht. Unter dem Kunststoff ist Raum für die modularen Spielplanelemente, Marker und Ähnliches.

RE2 BG Figuren Massstab

RE BG Cards1Weniger gelungen sind die Karten, die im Spiel enthalten sind. Es sind insgesamt 155 Stück, die in zwei Formaten vorliegen (63,5mm*88mm und 44mm*63mm). Bereits während der Kickstarter-Kampagne zum Spiel wurde auf die Größen der Karten hingewiesen, dort ist allerdings eine andere Kartengröße für die kleineren Karten genannt (41mm*63mm), als im Endprodukt enthalten sind. Dies führt dazu, dass die kleineren Karten keine perfekt passenden Hüllen haben, es bleibt nach oben hin etwas Luft, was allerdings nicht störend ist. Die Hüllen sind nicht im Spiel enthalten und müssen separat erworben werden. Da einige der Karten bereits nach einem ersten Durchsehen der Kartenstapel an einigen Ecken abgestoßen waren, wurde entschieden für die Spieltests mit Kartenhüllen zu arbeiten. Die Druckqualität und auch die Herstellungsqualität der Karten ist insgesamt wenig gelungen. Die Oberflächen der Karten sind sehr rau und anfällig für Beschädigungen, bereits durch das Mischen der Karten, was notwendig für das Spielen ist. Mit Hüllen passen die Karten allerdings nicht mehr in die vorgesehenen Vertiefungen im Kunststoffeinleger, obwohl theoretisch genug Platz dafür gewesen wäre, wenn die Fächer nur 3mm breiter und länger wären. Für den Preis sollten Karten in einer hohen Druckqualität und Papierstärke enthalten sein, was zumindest in dem unserer Redaktion vorliegenden Spiel nicht der Fall ist.

RE2 BG Charakter LeonStark hingegen ist der Umfang von zusätzlichem Spielmaterial. Die Charakterbretter mit dem „Health Track“ und Platz für die Charakterkarte sind sehr gelungen. Auch die Spielsteine und modularen Spielfeldelemente sind auf dicker Pappe gedruckt und sind sehr gut verarbeitet. Die Spielpläne und Türen sind allerdings sehr dunkel geraten, dennoch lässt sich alles Relevante darauf sehr gut erkennen. Hierbei gibt es nur einen kleinen Kritikpunkt, denn die Pappelemente, die verwendet werden, um zusätzliche Mauern oder Hindernisse auf dem Spielplan zu veranschaulichen, sind kleine schwarze Pappstreifen, die auf dem Spielfeld sehr leicht übersehen werden können. Wäre darauf eine dünne rote Linie am Rand, so wie es bei den Rändern der Spielfeldelemente der Fall ist, wäre es sehr viel einfacher, diese zu erkennen. Wenn es allerdings zu störend wird, nimmt man einfach einen Zahnstocher oder einen Legostein, um das zu veranschaulichen.

RE2 BG Charakter Minis

RE2 BG G MutantEine Besonderheit am „Resident Evil 2“-Brettspiel sind die Munitionstracker. Hierbei gibt es für jede Waffe Munitionsräder, bei denen die verbrauchten Projektile heruntergestellt werden können. Das gibt einem das Gefühl, Munition sei ein sehr knappes Gut. Wie in der Videospielvorlage will auch im Brettspiel jeder Verbrauch von Munition abgewogen werden. Hier gilt es oftmals den Gegnern auszuweichen, diese zurückzuschlagen oder möglichst auszulaufen und in einen anderen Raum einzusperren. Da es allerdings durch die Spielmechanik einen spürbaren Zeitdruck gibt, ist es oftmals nicht möglich sich lange mit Gegnern aufzuhalten. Das funktioniert über das sogenannte „Tension Deck“, das am Ende eines jeden Spielzuges aktiviert wird. Dieses Deck hat (je nach Szenario) ca. 48 Karten, die zum einen zusätzliche Überraschungsmomente für die Spielenden bereithalten kann, zum anderen endet das Spiel sofort, wenn keine Karte mehr gezogen werden kann. Sind die Missionsziele nicht erfüllt, dann ist das Spiel verloren, dies gilt ebenfalls, wenn einer der Spielercharaktere stirbt. Das Tension Deck kann neu gemischt werden, indem an einer Schreibmaschine ein Farbband verwendet wird. Hier wird die begrenzte Speichermechanik aus der Videospielvorlage großartig auf das Brettspiel übertragen. Auch hier sind Farbbänder sehr selten und die Schreibmaschinen sind über das gesamte Szenario verteilt, wenn es dann überhaupt mehrere gibt. Im Schnitt bleiben jedem Spielendem zwölf Aktivierungen seiner Spielfigur, bevor das Tension Deck einmal durch ist (im Spiel mit vier Spielfiguren). Hierbei deutet sich an, wie gnadenlos das Spiel sein kann. Tatsächlich verzeiht Resident Evil 2: The Bord Game keine Fehler. Es ist kein Spiel für zwischendurch, sondern eines, auf das man sich vollständig konzentrieren muss, in dem Kleinigkeiten über Sieg und Niederlage entscheiden und bei dem Strategie und Glück in etwa gleichbedeutend sind.

Tutorial und Kampagnenmodus

RE2 BG BirkinS3Das Regelwerk ist angenehm kurz geraten, denn nach einem kurzen Überblick zu den Grundregeln (ca. 4 Seiten) geht es direkt ins erste Szenario, in dem zunächst eine vereinfachte Spielmechanik verwendet wird. In diesem Szenario stehen bereits Zombies auf dem Spielbrett und die gefährlichste Karte im Tension Deck kann zwei zusätzliche Zombies erscheinen lassen. Hier geht es darum zu lernen, wie die Würfel funktionieren, was die grundlegende Spielmechanik ist und wie die Symbole auf den Charakter- und Ausrüstungskarten zu lesen sind. Hier wird das Tension Deck einfach neu gemischt, wenn es durch ist. Das Szenario hat somit keinen Zeitdruck und jeder kann in seinem Tempo lernen, wie das Spiel grundlegend funktioniert. Wer sich für die Details des Spielens interessiert findet hier das komplette Regelbuch (in englisch).

Es folgt ein zweites Szenario mit erweiterter Spielmechanik, in dem erstmals Zufallsbegegnungen vorkommen können, die nicht vom Tension Deck, sondern vom Betreten noch unbekannter Gebiete des Spielfeldes ausgelöst werden. Hierbei gibt es insgesamt drei Stufen (gelb, orange, rot), die darüber entscheiden, welche Schrecken sich in einem Gebiet verbergen können. Es gibt für jedes Szenario pro Farbe je eine Tabelle, aus der hervorgeht, was bei einem Wurf von eins bis sechs geschieht. Je höher die gewürfelte Zahl, desto weniger gefährlich die Auswirkungen. Die Eins auf dem Würfel wird vom ikonischen Umbrella-Logo geziert, was so ziemlich das Mieseste ist, was einem passieren kann. Dann taucht auch mal ein fieses Monster wie ein Licker (mutierter Mensch mit einer langen Zunge) auf oder mehrere Zombiehunde, wenn nicht sogar Schlimmeres. Diese Komponente gibt dem Spiel immer wieder Dynamik und sorgt für anhaltende Spannung. Zudem wird hier erstmals mit einer Lagertruhe gearbeitet, in der beliebig viele Gegenstände abgelegt werden können, denn auch das Inventar eines Charakters ist begrenzt, so wie in der Videospielvorlage.

RE2 BG ZombieDogIm dritten Szenario kommen dann erstmals Schreibmaschinen und Farbbänder ins Spiel, so wie es oben beschrieben wird. Ab dem vierten Szenario gibt es dann Bosse und die „Advanced Rules“ werden etabliert. Abschließend gibt es Informationen zum Kampagnenmodus, in dem alle Szenarien hintereinander durchgespielt werden müssen. Dabei wird die Ausrüstung dann von einer Mission zur nächsten mitgenommen, die Munition wird nicht aufgefrischt und auch einige andere kleine Veränderungen gibt es dabei gegenüber dem Spielmodus einzelner Missionen. Deutlich wird, das in diesem Spiel nur bestehen kann, wer gemeinschaftlich vorgeht, je nach Situation die richtige Strategie wählt und das notwendige bisschen Glück auf seiner Seite hat. Auch wenn ein Vergleich zu Zombicide hier verlockend wirkt, die beiden Spiele haben im Grunde nicht viele Gemeinsamkeiten, denn hier steht Strategie, Planung und Spannung im Vordergrund, während bei Zombicide das fröhliche „Looten und Leveln“ den Ton angibt.

RE2 BG Action

Fazit

Die Grundbox von Resident Evil 2: The Board Game bietet alles, was man benötigt, um die komplette Geschichte des Videospiels gemeinsam mit Freunden zu spielen. Die Atmosphäre ist oftmals angespannt, denn der Schwierigkeitsgrad ist überraschend hoch. Die Figuren und Ausrüstungsgegenstände tragen zum klassischen „Resident Evil 2“-Gefühl bei, ebenso wie die Bodenpläne und Missionstexte. Insgesamt ist das Spiel gelungen. Die Qualität der Karten ist nicht so hochwertig wie der Rest des Spiels. Nach mehreren Runden kann festgehalten werden, dass dieses Spiel nicht allen Spielern im Test der Redaktion dauerhaft Spaß gemacht hat. Der hohe Schwierigkeitsgrad und die hohe Dichte an Spielregeln während der Szenarien sorgt zunächst für eine gewisse Unterforderung (im ersten Szenario) und schlägt dann schnell um in eine Überforderung und Frustration (ab dem dritten Szenario). Mir persönlich hat das Spielen viel Freude bereitet.

Trailer zu Resident Evil 2: The Board Game

Infokasten

„Resident Evil 2: The Board Game”

Spielentwickler: Steamforged Games

Publisher: Steamforged Games

Lizenzgeber: Capcom

Spieldauer: Variiert je nach Szenario, ca. 90 Minuten und mehr.

Veröffentlichung: Das Spiel erscheint am 25.01.2019.

Bildrechte: Die Bilder dieses Artikels sind Ausschnitte aus dem besprochenen Medieninhalt. Deren Rechteinhaber können Sie dieser Infobox entnehmen, Brettspielfotos von Thomas Heuer.

Letzte Änderung amSamstag, 13 Februar 2021 17:14
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

„Better to write for yourself and have no public, than to write for a public and have no self.“

Cyril Connolly

 

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