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Gaming

In „Windbound – Brave the Storm“ heißt’s: Segel hissen!

Windbound (Screenshot, Videosequenz) Deep Silver | 5 Lives Studios Windbound (Screenshot, Videosequenz)

Denn segelnd erforschen die Spieler:innen eine Inselwelt. Als Schiffbrüchige müssen sie jagen, sammeln, kochen und alles selbst bauen, auch ihr Segelboot.

Rezension

Während eines Sturms auf hoher See kentert Kara mit ihrem Segelboot und wird von ihrer Familie getrennt. Als sie erwacht, findet sich die junge Frau am Strand einer verlassenen Insel wieder. Fortan muss sie allein um ihr Überleben kämpfen und ein neues Boot bauen, mit dem sie von Insel zu Insel reisen kann. Wenn Kara zu ihrer Familie zurückfinden will, muss sie außerdem das Geheimnis der Ruinen erforschen, die ihr auf dem Heimweg begegnen. Denn diese scheinen mit ihrem Schiffbruch zusammenzuhängen.

Vom Kanu zum Katamaran

windbound 1Das Videospiel Windbound – Brave the Storm von den Entwicklern 5 Lives Studios ist eine Mischung aus Survival- und Adventure-Game in einer offenen Spielwelt, die in einer ansprechenden Cel-Shading-Optik präsentiert wird. Wie schon angeklungen, müssen sich die Spieler:innen in der Rolle der gestrandeten Kara in einer feindlichen Spielumgebung zurechtfinden, die aus mehreren Archipelen besteht, die nacheinander bereist werden. Anfangs geht es vor allem darum, Nahrung zu finden, um Karas stetig abnehmende Ausdauer wieder aufzufüllen, und Rohstoffe für den Ausrüstungsbau zu sammeln. So erntet man also Flora und Fauna, veredelt Rohstoffe am Lagerfeuer, kocht, futtert und baut oder verbessert Waffen und Werkzeuge, bis man die Grundlagen des überschaubaren, aber motivierenden Crafting-Systems gelernt hat und sich ein Boot bauen kann, mit dem man zu weiteren Inseln gelangen kann.

Zu Beginn rudert Kara noch in einem Kanu, später können Segel gebaut werden und das Kanu wird zum Katamaran. Es ist am Namen des Spiels abzulesen, dass die Segelei ein wichtiges Spielelement darstellt. Darum hat man sich wohl dazu entschieden, die Steuerung des Bootes dem realen Segeln nachzuempfinden. Denn je nach Windrichtung muss das Segel anders eingestellt werden. Das braucht ein wenig Übung, ist aber schnell gelernt und zudem spaßig. Das Manövrieren bei stürmischem Wellengang oder zwischen Klippen und Riffen wird dadurch sehr spannend. Die Tutorials zur Steuerung sind sehr hilfreich und gelungen. Falls das Boot sich nicht rühren will, erinnert das Spiel daran, was man tun muss. Das ist besonders hilfreich, wenn man schräg gegen den Wind segeln will, was nicht immer sofort gelingt.

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Auf der Pirsch mit Speer, Schleuder und Bogen

Mit Speer, Schleuder und später auch Bogen kann Kara Jagd auf die phantastische Fauna machen, deren Gestaltung sich teils an der realen Tierwelt orientiert, teils auch ins Monströse reicht. Gekämpft wird in Echtzeit. Der Gegner wird anvisiert, sodass die Perspektive ihn fixiert. Jetzt heißt es, den gegnerischen Angriffen rechtzeitig auszuweichen, die Angriffsmuster zu studieren und selbst anzugreifen. Dabei kann dynamisch zwischen Nah- und Fernkampf gewechselt werden. Es gibt auch die Möglichkeit zu schleichen, um Gegnern auszuweichen oder um sich nachts, wenn sie schlafen, an sie heranzupirschen.

windbound 2Das Crafting folgt der altbekannten Logik. Manch wichtige Zutat gibt es nur bei bestimmten Gegnern, mit denen man folglich irgendwann kämpfen muss, und in neuen Spielarealen finden sich neue Ressourcen, mit denen sich wiederum neue Ausrüstung oder bessere Versionen der alten herstellen lassen. Unter anderem sind es Ökosysteme wie offenes Grasland, Wald, Gebirge und Sumpf, die jeweils eine eigene Tier- und Pflanzenwelt mit jeweils eigenen Gefahren und Ressourcen aufweisen. Nicht alle Gegner sind gefährlich und nicht alle greifen von sich aus an. Mit Fortschreiten des Spiels lassen sich Fähigkeiten freischalten, die neue Spielmechaniken mit sich bringen, etwa einen Gleiter, mit dem man durch die Luft fliegen kann wie in The Legend of Zelda: Breath of the Wild. Oder wenn man Rohmetall findet, kann ein Kessel für Zaubertränke hergestellt werden, die im Kampf helfen. Neue Waffen wie Giftbomben ermöglichen neue Kampfstrategien. Ein Großteil der Rohstoffe werden Spieler:innen auch für den Ausbau ihres Bootes verwenden. Soll es eher klein und wendig sein oder doch lieber groß und schwerfällig, dafür aber mit viel Platz für Werkstätten und Lager? Hier müssen die Spieler:innen abwägen, was ihnen wichtiger ist.

Insgesamt bleibt das Crafting-System motivierend, nicht nur weil Werkzeuge, Waffen und Bootsteile kaputtgehen können und man also immer wieder einmal Dinge ausbessern oder neu bauen muss, sondern insbesondere auch, weil sich schnell Fortschritte erzielen lassen. Aufgrund der Übersichtlichkeit des Crafting-Systems weiß man immer, was man als nächstes tun möchte. Es ist nicht endlos und verwirrend, aber auch nicht karg und langweilig, sondern für das Spielerlebnis in Windbound genau richtig. Zudem wird der Forscherdrang belohnt. Neue Rezepte werden dann freigeschaltet, wenn man eine der dazugehörigen Zutaten zum ersten Mal gefunden hat.

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Ruinen einer untergegangenen Zivilisation

Auf den Inseln erheben sich bisweilen die Ruinen einer untergegangenen Zivilisation. An deren Spitze müssen die Spieler:innen Schlüssel finden, mit denen sie in neue Welten vordringen können. Jede dieser Welten ist ein eigener Archipel und in sich geschlossen. Windbound wird kapitelweise erzählt und jedes der fünf Kapitel bietet einen zufällig generierten Archipel, dessen Vielfalt an Ökosystemen ebenso wie der Schwierigkeitsgrad von Kapitel zu Kapitel zunehmen. In jedem Kapitel müssen drei Schlüssel gefunden werden sowie der dazugehörige Übergang zur nächsten Welt. In späteren Kapiteln genügt es oft nicht mehr, die Ruinen zu erklimmen. Dann muss hin und wieder auch gerätselt werden, wie und mit welchen Gegenständen man zu dem Schlüssel an der Spitze der Ruine gelangt. Oder man wird auf eine Schatzsuche durch den Archipel geschickt, um einen Gong zu finden, dessen Klang den Weg freigibt.

windbound 11Wie in vielen Survival-Games, die auf Crafting in einer offenen Spielwelt setzen, bringt der Tod der Spielfigur in Windbound Konsequenzen mit sich, die jedoch je nach Spielmodus variieren. Im Modus Abenteuer geht lediglich der Story-Fortschritt im aktuellen Kapitel verloren und man wird auf einen neu genierten Archipel verfrachtet. Im Modus Überlebenskünstler hingegen geht fast alles verloren. Man startet wieder im ersten Kapitel, verliert alle Ausrüstung, die man nicht am Körper trägt, sowie das Boot. Zudem ist der Kampf schwerer. Schade, dass es hier keine weiteren Zwischenstufen gibt oder individuelle Einstellmöglichkeiten wie für die Spielwelt in Don’t starve, etwa dass nur das Boot verloren geht, was schon ein herber Verlust ist, da man hier, sobald das Gefährt groß genug ist, seine Werkstätten und Lager hat. Im dritten Modus Die endlose Reise können unendlich viele Archipele gespielt werden, deren Schwierigkeitsgrad steigt.

Schön ist, dass Karas nie endgültiger Tod und ihre Reise durch die Inselwelten mit einer geheimnisvollen Geschichte verbunden sind und durch sie erklärt werden. Offenbar muss sich Kara auf einer mythischen Reise beweisen und das Schicksal der untergegangenen Zivilisation ergründen, bevor sie zu ihrer Familie zurückkann. Die stürmischen, zugleich phantastisch anmutenden Überfahrten zwischen den Kapiteln unterstreichen dies stimmungsvoll. Ebenso wie die Bedrohung durch einen Kraken, der auf mysteriöse Weise mit Karas Abenteuer und dem Untergang der Zivilisation zusammenhängt.

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Veröffentlichungspolitik: Enttäuschung und Nachbesserungen

Zum Veröffentlichungszeitpunkt im August 2020 ist Windbound laut Kundenrezensionen ein Flopp gewesen, mit wenig Inhalt, Grafikfehlern und spielmechanischen Problemen, die frustrierten. Jammerschade, dass Videospiele mittlerweile häufig unausgereift veröffentlicht werden, um anschließend nachgebessert werden, wie zuletzt auch bei dem Triple-A-Titel Cyberpunk 2077 von CD Projekt Red geschehen. Im Falle von Windbound hat 5 Lives Studios nachträglich einen guten Job gemacht. Von den anfänglichen Problemen ist zum Zeitpunkt dieser Rezension nur wenig zu spüren. Einmal steckte ein Gegner in einem Felsen fest und war wehrlos. Ein anderes Mal hat sich ein Gegner wenig bis gar nicht gegen meine Angriffe gewehrt. Das ist verkraftbar. Ärgerlich war nur, als einmal mein Boot nach dem Laden eines Spielstands verschwunden war.

Fazit: Solider Survival-Adventure-Mix mit Segelspaß

Nach aktuellem Stand ist Windbound ein solider Survival-Adventure-Mix, mit vergleichsweise niedrigem Schwierigkeitsgrad und übersichtlichen, aber motivierendem Crafting-System. Auch Kampfsystem und Spielwelt sind nicht so facettenreich wie bei Spielen mit ähnlichen Spielmechaniken, etwa wie bei Monster Hunter oder Don’t Starve. Dennoch ist Windbound ein gelungener Spaß, vielleicht auch wegen seiner Überschaubarkeit. Es eignet sich daher für entspannte Spielsessions oder für Spieler:innen, die einen ersten Zugang zu Spielen mit Survival- und Crafting-Mechaniken suchen, ohne gleich frustriert zu werden. Der oft angeführte Vergleich mit „Legend of Zelda“-Titeln wie Breath of the Wild und Windwaker ist unpassend und kann nur enttäuschen, weil es falsche Erwartungen weckt. Auch wenn es Ähnlichkeiten gibt, ist Windbound ein ganz anderes, vor allem eigenständiges Spiel. Eine besondere Stärke dieses Titels sind die Segelfahrten, die aufgrund des schönen Art-Styles, der windigen Atmosphäre und gelungenen musikalischen Untermalung einfach vergnüglich sind. Sie laden zum Entdecken ein, wenn am Horizont eine neue Insel auftaucht, und werden rasant und spannend, sobald Sturm aufkommt oder ein Seeungeheuer auf Kollisionskurs geht.

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Trailer zu Windbound – Brave the Storm

Infokasten

„Windbound – Brave the Storm“

Entwickler: 5 Lives Studios

Publisher: Deep Silver

Plattformen: Xbox One (Im Test), PlayStation 4, Windows PC, Nintendo Switch, Stadia

Australien 2020

Bildrechte: Die Bilder dieses Artikels sind Ausschnitte aus dem besprochenen Medieninhalt. Deren Rechteinhaber können Sie dieser Infobox entnehmen.

Letzte Änderung amMittwoch, 12 Mai 2021 08:41
André Vollmer

Schriftsteller. Forscher. Phantast. Am Meer geboren. Gründer von Mellowdramatix.

Unter anderem auch das . . .

„A belief in a supernatural source of evil is not necessary. Man alone is quite capable of every wickedness.“

Joseph Conrad

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