log in

Film

„Stephen Kings Es“ die TV-Verfilmung von Tommy Lee Wallace (1990)

Werbematerial Warner Bros. Werbematerial

In zwei Fernsehfilmen mit einer Laufzeit von mehr als 3 Stunden wurde Stephen Kings Mammut-Roman Es erstmals adaptiert. Der Clown als Horrormotiv ist etabliert.

Rezension

ES 3Allerdings nicht irgendein Clown. Pennywise (Tim Curry) ist ein Clown, der Kinder anlockt und ihnen verspricht schweben zu können. Die Schrecken, die daraus entstehen, sind unbeschreiblich, Kinder werden verschleppt und getötet. In der Stadt Derry verschließen die Einwohner die Augen davor, es scheint ein Teil der Stadt zu sein, Etwas, dem man sich unterordnen muss. Nur die Kinder können Pennywise sehen. Diesen stellt er nach und versetzt sie in Angst und Schrecken.

1960, es ist Sommer in Derry. Eine Gruppe von Zwölfjährigen wird von Pennywise heimgesucht. Der Schrecken, den Pennywise in ihrem Leben erschafft, bleibt bestehen. So großartig die ersten Auftritte des Clowns auch sind, der Antagonist verflacht danach in der Verfilmung zusehends zu einer wiederkehrenden Funktion, die im Grunde immer nach demselben Prinzip abläuft. In der Folge spielt er mit den Kindern primär ein böses Spiel. Da jedoch keiner von ihnen getötet wird, verbleibt viel von seinem Schreckenspotential ungenutzt.

ES 1

So stimmungsvoll manche Passagen des Werkes sind, so langatmig und zuweilen unschlüssig sind andere. Hier könnte das Argument ins Feld geführt werden, man könne es mit etwas Ãœbernatürlichem erklären, das den Geist des Menschen überschreitet. Das wird auch getan. Doch wenn ein übernatürliches und nachhaltig böses Wesen zu dem fähig ist, was stellenweise angedeutet wird, warum albert es dann solange herum, zumal es sich nur als Clown ausgibt?  

ES 2Verfilmung und Roman weichen deutlich voneinander ab. Wo Stephen King auf fast 1200 Seiten eine Geschichte über Freundschaft, das Erwachsenwerden und eine Konfrontation mit dem Bösen erzählt, gelingt dies in der Verfilmung nur eingeschränkt. Manches erscheint recht plump und unmotiviert. Die Schrecken sind hier oftmals übernatürlicher Natur, wenn diese von Pennywise ausgehen. Viel schrecklicher erscheint im Film jedoch eine Bande von Rowdys an der Schule, die den sieben Jugendlichen ohne ersichtlichen Grund Leid zufügen wollen. Nun, nicht ganz ohne ersichtlichen Grund, denn den Rowdys passen die Gesichter der Personen nicht: der eine stottert, ein anderer hat Asthma, einer ist übergewichtig und wieder ein anderer ein Spaßvogel. Jeder der sieben Freunde passt nicht in die Vorstellungen der Rowdys, daher werden diese immer wieder von ihnen angegriffen und drangsaliert. Doch gemeinsam sind sie stark, die Sieben bilden eine Gruppe, die den Schwur leistet, Pennywise zu erledigen, sollte er jemals wiederauftauchen. Doch das verschwindet aus dem Gedächtnis aller, mit Ausnahme von Mike Hanlon (Tim Ried), der als einziger Derry nicht verlassen hat. Alle anderen sind in dem, was sie geworden sind, extrem erfolgreich. Als Mike die anderen anruft und an ihren Schwur erinnert, werden die Schrecken der Vergangenheit in ihren Köpfen reaktiviert. Sobald diese Derry betreten, taucht Pennywise wieder in ihrer Wahrnehmung auf. So steht er beispielsweise am Straßenrand mit einem Strauß Luftballons oder erzählt schlechte Witze in der Bibliothek. Dort lässt er dann Luftballons regnen, die nach dem Platzen Blut verteilen. Das Übernatürliche sehen jedoch nur die, bei denen Pennywise schon früher ‚vorbeigeschaut‘ hat. „Es“ ist somit zurück und versucht die nun Erwachsenen daran zu hindern, das verborgene Übel ein für alle Mal zu vernichten. Zwar sind die Schreckensmomente weitgehend stimmungsvoll, manches bricht allerdings die feine Linie zwischen Schrecken und Witz, was aber auch mit dem Clown als Schreckensbringer intendiert sein könnte.

Es ist ein Kultfilm und durchaus sehenswert. Das Werk ist allerdings spürbar in die Jahre gekommen und hat zweifellos an Schreckensqualität eingebüßt. Dazu sind in den vergangen 27 Jahren zu viele Schreckensgeschichten inszeniert worden, die, was Effekte und Ausstattung betrifft, diesen Fernsehfilm übertrumpfen. Stimmungsvoll und mit starken Figuren besitzt das Werk auch heute noch einen Schauwert. Bevor man Ende des Monats die erste Hälfte der neuen Filmadaption ansieht, kann man diesen Film gerne noch einmal oder zum ersten Mal ansehen. Auch wenn er in die Jahre gekommen ist, Es ist noch immer ein stimmungsvoller Horrorfilm.

Trailer Stephen Kings Es

Infokasten

„Stephen Kings Es“ (OT: „Stephen King’s It“)

Regie: Tommy Lee Wallace

Drehbuch: Lawrence D. Cohen, Tommy Lee Wallace, Stephen King (Roman)

Produktion: Green/Epstein Productions, Konigsberg/Sanitsky Company, Lorimar Television

Verleih: Warner Home Video

Laufzeit: 180 Minuten (uncut)

USA | 1990

Im Handel auf DVD und Blu-ray-Disc erhältlich.

Letzte Änderung amMontag, 09 Oktober 2017 16:55
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

Unter anderem auch das . . .

„Der Traum ist ein zweites Leben. Ich habe nie ohne zu schaudern durch die Elfenbein- oder Horntore dringen können, die uns von der unsichtbaren Welt scheiden. Die ersten Augenblicke des Schlafes sind das Bild des Todes. Eine nebelhafte Erstarrung ergreift unsern Gedanken, und wir können den genauen Augenblick nicht feststellen, wo das Ich in einer andern Form die Tätigkeit des Daseins fortsetzt. Ein ungewisses unterirdisches Gewölbe erhellt sich allmählich und aus dem Schatten der Nacht lösen sich in ernster Unbeweglichkeit die bleichen Figuren, welche den Vorhof der Ewigkeit bewohnen. Dann nimmt das Bild Form an, eine neue Helligkeit erleuchtet diese Erscheinungen in wunderlichem Spiel: - es öffnet sich uns die Welt der Geister.“

– Gérard de Nerval in „Aurelia oder Der Traum und das Leben“

Cookie-Einstellungen