„Climax“: Intensität pur
- geschrieben von Thomas Heuer
- Publiziert in Film
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Gasper Noes neuestes Werk ist eins für die große Leinwand, für herausragende Soundwiedergabe und Cineasten. Allerdings ist Climax auch ein sehr spezielles Werk.
Rezension
Reguläre Kinobesucher oder gar jene Menschen, die kein Werk von Gasper Noe kennen, könnten von diesem Film die Beine weggezogen bekommen. Denn in einem zentralen Punkt bleibt der französische Ausnahmeregisseur seiner Linie treu: Der Film ist extrem!
Klassische Sehgewohnheiten werden hier zunächst strapaziert und dann nach und nach überwunden und abgelegt. Mag es manchen Kinobesucher noch überraschen, dass der Film mit dem Abspann (umgekehrt abgespielt) beginnt, so ist es für die Kenner von Noes exquisiten Werken eine erste Hommage an seine eigene Schaffenskraft. In diesem Fall mit einem Verweis auf Irreversibel. Climax ist gespickt mit filmischen Referenzen und zelebriert dennoch den Umstand, etwas vollkommen Eigenständiges zu sein. Die wilde Mischung aus innovativem Einsatz der Montage und langen Plansequenzen macht diesen Film zu einem ästhetischen Ausritt in die Abgründe der menschlichen Seele und den darin verborgenen Ängsten, Sorgen, Wünschen und Aggressionen. Kurzum, Climax ist ein weiterer Meilenstein der Filmgeschichte, der aus seinem minimalistischen Szenario ein Maximum an Intensität, Terror und Ekstase generiert.
Am letzten Abend vor dem Aufbruch zur USA-Tour feiert eine Tanztruppe in einer abgelegenen Schulturnhalle irgendwo in Frankreich. Neben den Tänzerinnen und Tänzern ist auch ein DJ dabei und die Managerin - selbst ehemals Tänzerin - mit ihrem kleinen Sohn. Die Exposition nimmt relativ viel Raum im Werk ein. Relativ, insofern als diese in zwei Segmente unterteilt werden kann. Zunächst werden Videoaufnahmen des Castings gezeigt. Dabei werden die einzelnen Charaktere vorgestellt, indem diese Antworten auf Fragen geben. Durch diesen Ansatz ist es möglich, eine Innenperspektive der Figuren zu offenbaren. Der zweite Abschnitt der Exposition zeigt zunächst eine Tanzperformanz. Anschließend gibt es ein Buffet und eine große Schüssel Sangria. Hier werden dann die Figuren nochmals vertiefend charakterisiert. In Kleingruppen unterhalten die Charaktere sich miteinander, oftmals über andere Mitglieder der Gruppe. Dabei geht es häufig recht derb zur Sache, vieles basiert auf Vorurteilen oder thematisiert Sex. Getrennt werden die einzelnen Perspektiven auf die Szenen durch Schnitte auf Schwarz. Was dann folgt, entzieht sich einer leicht zu beschreibenden Ästhetik und eskaliert zunehmend so sehr, dass ein Szenario menschlichen Schreckens entsteht. Ausgelöst wird dies durch die Hinzugabe von Drogen in die Sangria. In der weiteren Entfaltung werden die Figuren untereinander – ganz im Sinne Jean-Paul Satres – zur Hölle füreinander. Einfach großartig!
Trailer: Climax
Infokasten
„Climax“
Regisseur: Gaspar Noé
Drehbuch: Gaspar Noé
Produktion: Rectangle Productions, Wild Bunch, Les Cinémas de la Zone
Verleih: Alamode Film
Frankreiche | Belgien | USA | 2018
Veröffentlichung: Ab dem 06.12.2018 im Kino
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Thomas Heuer
Dr. phil. Medienwissenschaft
Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer
Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie
Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik