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Gaming

„Final Fantasy VII“: Das Epos unter den Epen

Empfehlung Screenshot (Ausschnitt) Square Enix Screenshot (Ausschnitt)

Die Wiederveröffentlichung von Final Fantasy VII ist eine willkommene Gelegenheit, um eines der besten Videospiele zu diskutieren. Erstmals auf Xbox und Switch.

Rezension und Einordnung

FF7 1Es ist die Wiederkehr eines geliebten Klassikers, eines Spiels, das Teil der eigenen Kindheit und Jugend ist, ein Werk, dass in seiner Komplexität in Narration und Inszenierung alles bis dahin Gewesene in den Schatten gestellt hat. Das war 1997 das Maß, an dem sich alle Videospiele messen lassen mussten. Bis heute ist der mittlerweile zweiundzwanzigjährige Klassiker ein Meilenstein der Videospielgeschichte. Aus einer objektiven Perspektive ist die Grafik veraltet, das Gameplay wirkt behäbig und Teile der Geschichte des Spiels sind derart bekannt, dass diese zum Teil der populären Nerd-Kultur geworden sind. Also warum sollte man Final Fantasy VII heute noch spielen wollen oder dafür gegebenenfalls erneut Geld ausgeben? Warum sollte man nicht einfach auf das Remake warten, dass in den kommenden Jahren erscheinen soll?

Technik und Übersetzung der Wiederveröffentlichung

FF7 4Das sind zweifellos gute und berechtigte Fragen. Wie bereits beim Re-Release von Final Fantasy IX vor ungefähr einem Monat richtet sich diese Veröffentlichung nicht an junge Spieler und Spielerinnen, sondern an jene, die bereits 1997 das Spiel erleben durften. Damals erschien es zunächst exklusiv auf der PlayStation von Sony und einige Zeit später in einer Portierung für den PC. Auffälligster Unterschied der beiden Versionen, neben der schrecklichen Steuerung auf dem PC, ist die Tatsache, dass die PC-Fassung eine andere Übersetzung besitzt als die Spielversion auf der PlayStation. Besonders markant ist in diesem Zusammenhang die Übersetzung des Namens der Edelsteine, in denen Magie gespeichert wird. In der PlayStation-Fassung tragen diese den Namen „Substanz“, in der auf dem PC werden sie hingegen „Materia“ genannt. Die Wiederveröffentlichung basiert auf der PC-Version und bietet dadurch zumindest den Spielenden der PlayStation-Fassung minimale Unterschiede zur früher gespielten Version. Die PC-Version gilt als die bessere Übersetzung, hatte aber zur damaligen Zeit bereits einige störende Übersetzungs- und Tippfehler. Bei der Vielzahl von Texten, die in diesem Rollenspiel über den Bildschirm flimmern, ist das 1997 zu verschmerzen gewesen. Viele dieser Fehler sind allerdings auch in der aktuellen Version enthalten. Das stößt sauer auf, denn für eine Wiederveröffentlichung hätte man die Texte nochmals überprüfen müssen. Zumal die wichtigen Informationen innerhalb der Aussagen nicht mehr durch eckige Klammern hervorgehoben werden, mit der Ausnahme des Speicherpunktes, wo der Text noch so gesetzt ist wie früher.

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Textfehler in der Wiederveröffentlichung von Final Fantasy VII (2019).

FF7 KampfAnsonsten ist alles beim Alten, das Spiel läuft in 4:3, allerdings eingebettet in eine HD-Ausgabe in 16:9, die an den Rändern links und rechts schwarze Balken erzeugt. Hier wäre eine Art Bildschirmschoner, wie bei der Wiederveröffentlichung von Final Fantasy IX wünschenswert gewesen. Auch die Modelle und vorgerenderten Spielumgebungen wurden leicht überarbeitet, wodurch gelegentlich eine gewisse Unschärfe im Bild zu erkennen ist. Die Grafik ist jedoch signifikant besser, als in der Originalversion für die PlayStation, wie die Screenshots nach diesem Absatz verdeutlichen. Die Steuerung wurde zudem sehr gut portiert und besonders im Weltmodus optimiert, sodass die Perspektive nicht mehr nur mit den Schultertasten verändert werden kann, sondern auch durch das Bewegen des rechten Analogsticks.

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Screenshots aus der Spielversion auf der PlayStation (1997).

FF7 6Eine signifikante Neuerung stellt die Möglichkeit dar, das Spiel in dreifacher Geschwindigkeit abzuspielen. Dabei wird das Spiel hier in dreifacher Echtzeit gerendert, was beispielsweise die Kämpfe erheblich abkürzt. Da Final Fantasy VII ein Japo-RPG ist und in diesen das Aufleveln der Charaktere ein notwendiges Element der Spielmechanik darstellt, ist dies eine angenehme Erleichterung gegenüber dem Original. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, die Charaktere in einen Power-Limit-Mode zu schalten. In diesem werden die Lebenspunkte bei erlittenem Schaden wiederaufgefüllt, gleiches gilt für verbrauchte Magiepunkte und zusätzlich wird der Limit-Balken rasant aufgefüllt. In der Kombination der beiden Modi lassen die Charaktere und deren Limits sich sehr viel schneller steigern als in der Originalversion. Es ermöglicht Spielenden zudem die, möglicherweise als lästig wahrgenommenen, Kämpfe schnell und effizient hinter sich zu lassen, um sich auf die Erzählung des Spiels zu konzentrieren. Um diese mögliche neue Spielerfahrung zu verstärken ist es zudem möglich Zufallskämpfe komplett zu deaktivieren.

Der Glanz des Originals überstrahlt den Schatten des Alters

FF7 8Die Qualität von Final Fantasy VII ist unbestritten spürbar. Die Erzählung um den ehemaligen Elite-Soldaten und Söldner Cloud Strife ist eine der monumentalsten Heldenreisen, die jemals in einem Videospiel inszeniert wurden. Dabei sind die Nebenfiguren der Heldengruppe ebenfalls mit komplexen Hintergründen ausgestattet. Das Ganze ist angesiedelt in einer Spielwelt, die von dem Konzern Shinra Inc. kontrolliert und gelenkt wird. Das System ist annähernd faschistisch und unterdrückt die Meisten. Nur wenige Menschen stellen sich gegen diesen Fortschritt, der jedoch auf der Nutzung einer Energie beruht, die den Planeten zerstören wird, wenn nichts mehr davon übrig ist: Mako.

FF7 12Barret und Tifa leben in den Slums von Midgar, der schwebenden Stadt. Das bedeutet, sie leben unterhalb der Platte der Oberstadt, an einem Ort, an dem die Sonne nie scheint. Gemeinsam mit einigen anderen haben sie die Widerstandsbewegung Avalanche gegründet, deren Ziel es ist, Shinra aufzuhalten und den Planeten zu retten. Das ist zunächst die Ausgangslage des Spiels, dessen Ouvertüre in der Stadt Midgar angesiedelt ist und die bis zu diesem Zeitpunkt fünf Charaktere zusammenschweißt. Erst anschließend wird die wirkliche Motivation von Cloud deutlich, der sich zur Aufgabe gemacht hat, Sephiroth aufzuhalten. Letzterer hat die Heimatstadt von Tifa und Cloud niedergebrannt, nachdem er entweder den Verstand verloren oder absolute Klarheit erlangt hat. Die Geschichte entwickelt sich zu einem komplexen Epos, voller tiefgründiger Charaktere und überraschenden Verstrickungen.

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Final Fantasy VII erzählt eine der besten Geschichten, die erlebt werden kann. Keiner der Charaktere wirkt blass oder unmotiviert, selbst die relevanten Nebenfiguren, außerhalb der Heldengruppe, sind vielschichtig angelegt. Zunehmend verschmelzen der Racheplot von Cloud, die Weltrettungsmission von Barret und weitere Subplots der Charaktere. Zudem bietet Final Fantasy VII quasi das Psycho-Moment für Videospiele, wenn eine der Hauptfiguren getötet wird – endgültig, anders als manche Gerüchte behaupten.

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FF7 10Darüber hinaus ist die Spielwelt voll mit optionalen Inhalten, weiteren Geschichten und interessanten Orten, wodurch das Spiel auch als Blaupause für Open-World-Spiele verstanden werden kann. Abgerundet wird das Gesamtpaket durch den für Japo-RPG typischen Umgang mit Mythologien, Legenden und unterschiedlichen Kultureinflüssen, in Form eines wilden Remixes, der Teile all dieser Einflüsse einbezieht und daraus etwas Neues erschafft. Da wird Odin aus der nordischen Mythologie zu einer mächtigen verbündeten Kreatur sowie auch der Leviathan, ein Seemonster das sowohl der jüdisch-christlichen Mythologie entstammt, als auch ein bedeutendes Werk der Kulturtheorie des Philosophen Thomas Hobbes ist. Interessant an der Einordnung des Leviathans ist hier, dass diese als Belohnung für das Erklimmen einer Pagode überreicht wird, nachdem eine japanische Tradition abgeschlossen ist. Interessant ist auch der Umgang mit Heidegger, denn jene Figur, die in diesem Spiel den Namen des bedeutenden deutschen Philosophen trägt, ist ein korrupter und niederträchtiger Mitarbeiter von Shinra. Hier entsteht in gewisser Weise eine Verfälschung der Ursprünge, aber eben auch ein Verweis auf eine größere Rahmung, die zusätzlichen Raum für Interpretationen zulässt. Da verwundert es wenig, dass die mächtigste Beschwörungsmateria niemand geringeres als König Arthus und die Ritter der Tafelrunde herbeiruft, um einen im Kampf zu unterstützen.

Fazit

In der Summe ist Final Fantasy VII eines der besten Videospiele, die je gemacht wurden. Aus heutiger Sicht erscheint die Grafik antiquiert, doch das Spiel selbst ist gut gealtert. Durch diese Wiederveröffentlichung ist das Spiel nun auf allen aktuellen Plattformen spielbar und zu einem fairen Preis erhältlich.

Angespielt auf Mellowdramatix: Final Fantasy VII (Longplay ohne Kommentar)

Trailer zu Final Fantasy VII

Infokasten

„Final Fantasy VII“ (OT: „ファイナルファンタジーVII“)

Spieldesign: Tetsuya Nomura

Studio: Square Soft

Publisher: SquareEnix

Erstveröffentlichung: 31.01.1997

Japan 1997, 2019

Plattformen: Xbox One, Nintendo Switch, PlayStation, PlayStation 3, PlayStation 4, PlayStation Vita, PlayStation Portable, Windows PC (Steam), Android, iOS

Veröffentlichung: Das Spiel ist ab dem 25.03.2019 als Download verfügbar.

Bildrechte: Die Bilder dieses Artikels sind Ausschnitte aus dem besprochenen Medieninhalt. Deren Rechteinhaber können Sie dieser Infobox entnehmen.

Letzte Änderung amDonnerstag, 10 Februar 2022 14:45
Thomas Heuer

Dr. phil. Medienwissenschaft

Forscher, Fotograf, Filmemacher, Journalist, Gamer

Forschungsfelder: Immersionsmedien, Horror, vergleichende Mediendramaturgien, Game Studies, Medienethik und -philosophie

Abschlüsse: Medienwissenschaft M. A., Multimedia Production B. A., Facharbeiter Kommunikationselektronik

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„Phantastische Literatur: ungenauer, auch missverständlicher Sammelbegriff für ein breites, auch Triviales [...] umfassendes Spektrum von Literatur. Das Phantastische erscheint in der fiktionalen oder imaginativen Literatur als vielschichtiges Phänomen.“

 Literatur Brockhaus

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